Frankreich beschneidet rigoros Werbefreiheit von Influencern

Wer den reichweitenstarken Instagram-Kanal von Capucine Anav aufruft, sieht seit Freitag nicht mehr nur Hochglanzbilder von glücklichen Menschen an schönen Orten. Stattdessen findet sich angepinnt ganz oben bei den Beiträgen eine Anordnung der französischen Generaldirektion für Wettbewerb, Verbraucherschutz und Betrugsbekämpfung (DGCCRF), wonach „die irreführenden Geschäftspraktiken“ auf dem Snapchat-Konto der prominenten 32-jährigen Schauspielerin zu unterlassen seien. Worum es dabei geht, steht unter dem markanten Hinweis in weißer Schrift auf schwarzem Grund in der Bildunterschrift.

So habe Anav, die neben ihrer Präsenz in Funk, Fernsehen und Klatschpresse als sogenannte Influencerin Produkte auf ihren Onlinekanälen bewirbt, „die kommerzielle Absicht ihrer Veröffentlichungen zu Werbezwecken“ nicht angegeben. Zudem habe sie als Werbeargument das Nichtvorhandensein der Chemikalie Bisphenol A in angepriesenen Babyflaschen und Schnullern verwendet, obwohl dies gesetzlich ohnehin vorgeschrieben ist, sowie ohne Nachweis Behauptungen über die Zusammensetzung, die Qualität und den Nutzen von Produkten aufgestellt und schließlich für ein Pflaster zum Schutz vor Mobilfunkstrahlung geworben, dessen Merkmale und Nutzen wissenschaftlich nicht belegbar seien.

Wie Anav sind mit Simon Castaldi oder Illan Castronovo noch weitere französische Influencer mit großer Reichweite ins Visier der dem Wirtschaftsministerium unterstellten DGCCRF geraten. Grundlage dafür ist ein neues Gesetz zur Regulierung der Geschäftspraktiken in diesem bislang kaum regulierten Markt, das vom Parlament in dieser Woche endgültig verabschiedet wurde. Es sei das erste dieser Art in Europa, betont man in Paris, und soll insbesondere Kinder und Jugendliche, bei denen sich die Fotos und Videos von Influencern einer immer größeren Beliebtheit erfreuen, vor irreführender oder gar gefährlicher Werbung für Waren oder Dienstleistungen schützen.

„Die Party ist vorbei“

Unter anderem wurde erstmals definiert, was ein Influencer überhaupt ist. Aktiv tätig in Frankreich auf Plattformen wie Youtube, Instagram, Tiktok oder Snapchat sind nach einer Schätzung des Ministeriums von Wirtschaftsminister Bruno Le Maire etwa 150.000. Zwar greife nur eine kleine Minderheit von ihnen auf missbräuchliche Praktiken oder Betrügereien zurück, doch hätten diese „verheerende Folgen“ und schadeten überdies der überwiegend regeltreuen Mehrheit. Im außereuropäischen Ausland wie in Dubai lebende Influencer sind dabei nicht aus dem Schneider. So müssen sie künftig einen gesetzlichen Vertreter ernennen und eine Haftpflichtversicherung abschließen, wenn sie sich an ein französisches Publikum richten.

„Die Party ist vorbei für all diejenigen, die glauben, dass man im Internet frei betrügen kann“, kündigte Le Maire kürzlich im Fernsehsender BFM TV mit gewohnt markigen Worten an. In seiner Funktion als Minister sei er der „Garant für die öffentliche Wirtschaftsordnung“, und neben vielen kreativen Influencern gebe es eben auch „eine Reihe von Naseweisen, die manipulieren, ihre Rolle falsch nutzen und den Verbraucher täuschen“. Deshalb werde man die Betrüger nicht nur aufspüren und sanktionieren, sondern auch öffentlich ihre Namen nennen, erklärte Le Maire.

Der Ankündigung sind nun Taten gefolgt. Dabei gibt es neben der Vorschrift, Werbung künftig als solche kenntlich zu machen, auch neue Verbote, worunter mit Verweis auf den Gesundheitsschutz beispielsweise das Bewerben von Schönheitsoperationen und Nikotinbeuteln gehört. Ganz grundsätzlich dürfen Influencer in Frankreich nun nicht länger für medizinische, medikamentöse oder chirurgische Behandlungen werben.

Verboten ist auch, auf den Onlinekanälen mit nicht domestizierten Tieren zu interagieren und Abonnements für Sportwetten anzupreisen. Zudem müssen Fotos oder Videos von Gesichtern oder Figuren, die mit Filtern verändert oder mithilfe Künstlicher Intelligenz erstellt wurden, künftig den Hinweis „bearbeitete Bilder“ oder „virtuelle Bilder“ enthalten. Wer sich nicht an die Regeln hält, dem drohen bis zu zwei Jahre Haft und eine Geldstrafe von bis zu 300.000 Euro.