EU-Vorschlag: Mehr Anleihen für Privatanleger handelbar
Der Vorschlag der EU-Kommission zum Kleinanlegerschutz könnte zu einer deutlich besseren Handelbarkeit von Unternehmensanleihen für Privatanleger führen. Wie Simon Guntrum, Regulierungsfachmann der Börse Stuttgart ausführt, ist das „genau der Vorschlag, auf den wir sehr, sehr lange warten mussten“. Seit gut fünf Jahren werden sehr viele Unternehmensanleihen als verpackte Produkte eingestuft und mit der Pflicht zu gesonderten Produktinformationsblättern belegt. Da sich die wenigsten Unternehmen die Mühe machen wollen, führte dies zum faktischen Ausschluss von Privatanlegern vom Anleihehandel.
Nach Angaben der Börse Stuttgart waren nur rund 1700 von 10.700 gelisteten Unternehmensanleihen an der Börse von Privatanlegern handelbar. Diese Zahl könnte nun auf rund 7700 handelbare Unternehmensanleihen steigen, schätzt die Börse Stuttgart, wenn der Kommissionsvorschlag durch die Mitgliedsländer und das EU-Parlament bestätigt wird. Für Privatanleger faktisch ausgeschlossen bleiben rund 3000 Unternehmensanleihen, etwa weil sie in Stückelungen zu 100.000 Euro begeben werden. Den „Listing Act“ wollte die EU in dieser Hinsicht nicht ändern. Damit gilt weiterhin eine Prospektpflicht für Anleihen, die zu kleineren Stückelungen begeben werden – ein Aufwand, den viele Emittenten scheuen.
Anleihehandel an der Börse Stuttgart mehr als verdoppelt
Neu in die Handelbarkeit kämen nach dem EU-Vorschlag insbesondere viele amerikanische Unternehmensanleihen, die schon heute oft zu kleinen Stückelungen von 1000 oder 2000 Dollar begeben werden. Apple zum Beispiel hat derzeit 67 Anleihen am Markt, aber nur vier davon sind für Privatanleger handelbar, die 63 anderen enthalten die Make-Whole-Klausel, die eine vorzeitige Kündigung der Anleihe erlaubt. Die genaue Höhe der Rückzahlung hängt in diesen Fällen von festgelegten Referenzzinsen ab.
Diese Klausel – eigentlich zum Schutz der Anleger gedacht – wurde in der bisherigen EU-Regulierung als entscheidender Grund gesehen, die Anleihen als verpackte Produkte mit variabler Rückzahlung einzustufen. In der Realität wird aber fast keine der Anleihen vorzeitig gekündigt und der vorgebliche Anlegerschutz hat den Privatanlegern wegen der EU-Regulierung mehr geschadet, als genutzt.
Bundesanleihen und andere Staatsanleihen waren auch bisher schon gut für Privatanleger handelbar. In den vergangenen Monaten hat sich dank der gestiegenen Zinsen der Anleihehandel an der Börse Stuttgart mehr als verdoppelt. Sie gilt als führende Börse für Privatanleger im Handel mit Anleihen sowie mit Zertifikaten und Hebelpapieren.
Source: faz.net