Eskapismus: Bitte schalten Sie jetzt ab

Ein Geständnis vorweg: Dieser Text hätte schon lange erscheinen sollen. Vor Monaten hatte ich mir vorgenommen, eine in Verruf geratene Sache möglichst überzeugend zu verteidigen: die kleine, schöne Weltflucht. Fantastische Romane über Soldaten mit Zahnschmerz lesen, statt das sehr wichtige Sachbuch über Autokraten. Die Freundinnen an einem klebrigen Tresen mal nicht fragen, was Friedrich Merz jetzt liefern muss und ob man seinen Tesla, hätte man denn einen, nur noch mit Bauchschmerzen fahren dürfte, sondern welcher Filmbösewicht eigentlich ihr liebster ist und warum. Endlich ein echtes Hobby beginnen, keins wie Kochen, das zählt nicht, eher etwas wie Synthesizer spielen oder Estnisch lernen. Eine Tätigkeit, die neu ist für mich, die niemandem nützt und nur mir gehört. Sich dusselig üben, völlig verwertungszweckfrei, sich dusselig tanzen, dusselig durch die Gegend laufen und an die besten ersten Songzeilen aller Zeiten denken. Um dann eben undusselig allem Neuen begegnen zu können, das täglich über uns hereinbricht. Wir wissen doch längst, dass so was wichtig ist für unsere zarten Hirne und Seelen.