Es ist an der Zeit, auch mal eine Bank pleitegehen zu lassen

Es fühlt sich an wie 2008. Eine allenfalls mittelgroße Bank in den USA strauchelt und umgehend springt die Fed ein: Die eben noch für ihr konsequentes Anti-Inflations-Handeln gerühmte US-Notenbank legt flugs ein Stützungsprogramm für den Finanzsektor auf und verabschiedet sich vermutlich bis auf Weiteres von ihrem geldpolitischen Straffungskurs.

Parallel dazu erklärt Präsident Joe Biden, dass Geld auf Bankkonten sicher ist und erinnert damit an ein Versprechen, mit dem Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück auf dem Höhepunkt der Finanzkrise das Vertrauen der deutschen Sparer stabilisieren wollten.

Auch wenn Biden betont, Aktionäre und Anleihegläubiger nicht zu schonen und kein Steuergeld aufwenden zu wollen, kommen die Signale aus den USA einer Kapitulation gleich. Die Staaten sind erpressbar. Immer noch.

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Dabei hatten Politiker nach der Finanzkrise geschworen, dass sich die damaligen Vorkommnisse so nie wiederholen sollten. Allein in Deutschland hat die Rettung angeblich systemrelevanter Banken die Steuerzahler rund 60 Milliarden Euro gekostet.

Fast noch schwerer wiegen die gesellschaftlichen Schäden: Schließlich hatten vor allem Banker darauf gedrungen, sich mit staatlichen Vorgaben zurückzuhalten und die Marktkräfte walten zu lassen. In der Krise zeigte sich, dass viele die Freiräume vor allem für eine immer absurdere Maximierung ihres eigenen Einkommens genutzt hatten.

Dass der Staat die Scherben ihrer riskanten Geschäfte aufkehren musste, hat die Marktwirtschaft und den Liberalismus in eine Legitimationskrise gestürzt. Dass staatliche Eingriffe seitdem von der Ausnahme immer mehr zur Regel geworden sind, stört in Deutschland nur die wenigsten.

Man sollte es mal drauf ankommen lassen

Bankpleiten sind deshalb nicht nur ein Branchenproblem. Sie sind eine Systemfrage. Vor der sind Politik und Aufsicht bisher zurückgeschreckt: In der Folge der letzten Krise haben sie für Krisen größerer Banken zwar ein umfangreiches Instrumentarium für deren Abwicklung ersonnen, es in der Praxis aber noch nie angewendet.

Es wäre an der Zeit, endlich mehr Mut zu beweisen und es im Zweifel mal darauf ankommen zu lassen. Sonst bleiben all die sorgsam erdachten Instrumente Teile einer Drohkulisse, die zunehmend unglaubwürdig wird.

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Der SVB-Kollaps sendet noch ein weiteres Signal: Eine konsequente Regulierung des Sektors ist weiterhin unverzichtbar: Kleinere Banken in den USA hatten erfolgreich auf Lockerungen gedrängt und auch die Institute in Europa drängen seit Langem auf mehr Lockerheit.

Die Deutsche Bank etwa hat sich vehement dagegen gewehrt, dass europäische Regulierer die Vorgaben im Geschäft mit riskanten Krediten an hoch verschuldete Unternehmen leicht anziehen. Und Sparkassen lamentieren immer wieder über zu weitgehende Eingriffe in ihr Sicherungssystem, dessen fragwürdige Leistungsfähigkeit sich bei den Schieflagen mehrerer Landesbanken gezeigt hat.

Dabei demonstrieren viele Institute gerade wieder, dass es eben nicht reicht, sich auf ihre angebliche Expertise im Risikomanagement zu verlassen. Gegen das keinesfalls abwegige Risiko eines schnellen Zinsanstiegs haben sich viele Banken kaum oder überhaupt nicht abgesichert, hohe Verluste sind die Folge. Vertrauen ist deshalb nicht besser. Leider.

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Source: welt.de