Energiekosten: Habeck will Milliardenhilfen für niedrigeren Industriestrompreis

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will den Strompreis für die Industrie mit Milliardensubventionen langfristig senken. Ein Konzept des Ministers sieht einen zweistufigen Industriestrompreis vor. Dafür sollen staatliche Hilfen im Umfang von bis zu 30 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Ziel sei es, wettbewerbsfähige Strompreise sicherzustellen.      

Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände fordern seit Langem einen Industriestrompreis. Sie argumentieren, dass Unternehmen wegen der vergleichsweise hohen Strompreise in Deutschland ihre Produktion ins Ausland verlagern könnten. „Die energieintensiven Unternehmen sind die Basis der deutschen Industrie und damit unseres Wohlstands“, heißt es in Habecks Vorschlag.   

„Brückenpreis“ soll bis 2030 gelten

Der Ukraine-Krieg und die dadurch ausgelöste Energiekrise hätten diese Unternehmen sehr hart getroffen. „Der Energiepreisschock gefährdet akut Deutschlands Wohlstand und seine starke industrielle Basis.“ Mit den Energiepreisbremsen sei es gelungen, die Lage in Deutschland zu stabilisieren. „Das Erreichte dürfen wir jetzt nicht gefährden. Deutschland braucht seine Grundstoffindustrien genauso wie neue Zukunftsindustrien.“

Langfristig will Habeck einen „Transformationsstrompreis“, der dank erneuerbarer Energien günstiger sein soll. Bis die Versorgung energieintensiver Unternehmen mit Strom aus erneuerbaren Quellen gewährleistet ist, soll dem Konzept zufolge aber ein „Brückenstrompreis“ von sechs Cent pro Kilowattstunde Entlastung für Betriebe schaffen. Gelten soll dieser Preis für einen „klar definierten“ Empfängerkreis bis 2030. Um Effizienzanreize zu schaffen, soll der Brückenstrompreis nur auf 80 Prozent des Verbrauchs gelten. Zudem soll die Deckelung an Bedingungen geknüpft werden, etwa eine Standortgarantie.

Kritik aus dem Finanzministerium

Die Kosten für den Staat hingen wesentlich von der weiteren Entwicklung der Marktpreise ab, heißt es in Habecks Konzept. Nach aktueller Lage ergebe sich für den Zeitraum nach Auslaufen der Strompreisbremse ein Finanzbedarf bis 2030 von rund 25 bis 30 Milliarden Euro. Das Geld soll aus dem in der Corona-Pandemie errichteten Wirtschaftsstabilisierungsfonds kommen. Um eine „verfassungsrechtlich saubere Lösung“ für den Industriestrompreis zu schaffen, seien „zwingend neue parlamentarische Beschlüsse“ notwendig.      

Ein Industriestrompreis ist in der Ampel-Koalition umstritten. Als Kritiker gilt Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Eine Sprecherin des Ministeriums äußerte sich bereits ablehnend zu Habecks Plänen. „Für dieses Vorhaben stehen keine Finanzmittel zur Verfügung“, sagte sie. Auch eine Umwidmung der Mittel im Wirtschaftsstabilisierungsfonds sei aus Sicht Lindners verfassungsrechtlich nicht möglich.

Der FDP-Energiepolitiker Michael Kruse kritisierte Habecks Vorschlag und warf dem Minister eine falsche Prioritätensetzung vor. „Insbesondere die Abschaltung der Kernkraftwerke hat zu einer Reduktion des günstigen Stromangebots geführt“, sagte er. „Es ergibt keinen Sinn, wenn der Wirtschaftsminister erst die günstigsten Grundlastkraftwerke aus dem Markt drängt, nur um dann mit staatlichen Subventionen um sich zu werfen.“ Ziel aller staatlichen Aktivitäten müsse es sein, „dass Unternehmen nicht dauerhaft am Tropf des Steuerzahlers hängen“.

Auch die FDP-Bundestagsfraktion sieht Habecks Pläne nach den Worten ihres wirtschaftspolitischen Sprechers Reinhard Houben „sehr kritisch“. Der Empfängerkreis für den vergünstigten Strom sei willkürlich ausgewählt, der Finanzbedarf „nicht leistbar“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. „Deutschland muss mit guten Rahmenbedingungen bei der Industrie punkten, um sie im Land zu halten“, forderte Houben. Eine „fragwürdige Dauersubventionierung“ sei hingegen „nicht nachhaltig“.

Lob von Gewerkschaften und Industrie

Begrüßt wurde Habecks Vorschlag dagegen von Gewerkschaften und Industrie. „Das ist für unsere Industrie ein wichtiges Signal“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), Wolfgang Große Entrup. Er forderte eine schnelle und unbürokratische Einführung des Preisdeckels.

Die Industriegewerkschaft IGBCE sprach von einem „klaren Signal der Standortstärkung“. Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, nannte die Höhe der Deckelung angemessen und ausgewogen und die Finanzierung durch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds sinnvoll.   

Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) sagte, ein Industriestrompreis sei ein wichtiges Thema für den Industriestandort Deutschland. Die Fraktion werde sich das Konzept konstruktiv anschauen und Habecks Vorschlag prüfen.