Einheitsfeier ohne Ossis: Von mir gibt’s nur noch Hohn

Die Bundesregierung feiert zum 35. Mal den Anschluss der DDR – diesmal ohne Ostdeutsche und Migranten. Unsere Autorin schüttelt den Kopf. Sie widmet sich dem, was bleibt – dem Theater in Eisenhüttenstadt und dem rebellischen Erbe des Ostens


Welche Gesellschaft soll das abbilden? Anke Gabriele Rehlinger (Ministerpräsidentin des Saarlandes), Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU), Moderator Jörg Pilawa und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU)

Foto: IMAGO / Political-Moments


Die Bundesregierung feiert 35 Jahre westdeutsche Einheit: Da stehen sie, die Herrschaften, begleitet von ihren Gattinnen, beim Festakt. Mit gebügelten Kostümen, die wohl die Haushaltshilfen ausgesucht haben – jene, die in Zukunft sicher um ihren Aufenthaltstitel fürchten müssen.

Von mir gibt’s nur noch Kopfschütteln und Hohn für diese westdeutsche Inszenierung. Meine Gefühle will ich daran nicht mehr verlieren. Ob es die Verantwortlichen noch merken? Zum 35. Mal wird der Anschluss der DDR an die BRD gefeiert. Und man machte sich nicht mal die Mühe, wenigstens eine nicht weiße Person und einen Quoten-Ossi auf die Bühne zu holen. So wünscht sich Merz offenbar die deutsche Zukunft.

Allen, die die letzten Jahrzehnte die Drecksarbeit gemacht haben – ob als Gastarbeiter:innen im Westen oder Vertragsarbeiter:innen im Osten –, wird damit klargemacht, wer dazugehört. Migrant:innen und Ostler:innen jedenfalls nicht. Die Zukunft dieses Landes – sie soll weiß, männlich, heteronormativ und eben westdeutsch bleiben.

Nie wieder!

Ich komme aus einem Land, das es auf der Landkarte nicht mehr gibt, und lebe in Kiezen der Heimatlosen. Ich tummele mich im Schlamm mit den Nestbeschmutzern der DDR und dieses neuen Landes, das unsere Körper zu Waren machte und sich am Ausverkauf der Ost-Wirtschaft bereicherte.

Kein Bock, schon wieder zu erklären, wie umfangreich im Westen Gewinne gemacht wurden mit dem Ausverkauf der DDR. Kein Bock, zu erklären, dass ich nicht in dieses westdeutsche Frauenbild passe. Kein Bock, selbst unter Kolleg:innen zu rechtfertigen, dass es einen Unterschied macht, im Westen oder im Osten Kunst und Kultur zu machen – Spoiler: nicht zuletzt im Kontostand. Und kein Bock mehr, so zu tun, als sei der Rechtsextremismus allein ein Problem aus Thüringen, wo doch sein bürgerliches Rückgrat in Hessen liegt.

Ich pfeife auf diese Regierung und dieses Land – und drehe mich singend im Kreis. Zusammen mit hundert Tänzer:innen und Chorist:innen aus Eisenhüttenstadt, mit denen ich die Ehre habe, Friedrich Wolf und das Osttheater zu feiern. Denn es lebt noch. Zu Deutschland aber sag ich: Nie wieder!