Durch Karl Lauterbachs Reform wird sich dies Krankenhaussterben beschleunigen


Vor allem kleine Krankenhäuser wird Lauterbachs Krankenhausreform an ihr Limit bringen

Foto: Imago/Rolf Zöllner


Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) spaltet die Politik: Statt Verbesserung droht das Krankenhaussterben, vor allem in ländlichen Regionen. Große Kliniken profitieren, kleinere kämpfen ums Überleben

Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz – was für ein Wort. Dass das KHVVG zum Showdown im Bundesrat taugt, war absehbar. Bald zwei Jahre zofft sich Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit den Ländern. Mal kam ihm ein Grüner aus Baden-Württemberg salbadernd entgegen (Manfred Lucha), ruderte wieder zurück, mal lobten die gesundheitspolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen den Minister, dann wieder grätschen Genossinnen aus den Ländern dazwischen. Die Union, die in Nordrhein-Westfalen das unschöne Exempel einer Krankenhausreform bereits statuiert hat (Karl-Josef Laumann), war am Ende schon im Wahlkampfmodus. Pars pro toto ein Wechselspiel widerstreitender Interessen, politiktheoretisch interessant, wenig dienlich in der Sache.

Vorhaltepauschalen für die Krankenhäuser – wie ein Klinik-Bürgergeld

Was in der Ländervertretung dann abging, war nur der Abklatsch der verworrenen politischen Verhältnisse im Land, für die die Krankenhausreform zum Brückenkopf wurde. Ein SPD-Ministerpräsident aus Brandenburg, der seine grüne Gesundheitsministerin kurz vor der Abstimmung entließ, weil sie der Reform des SPD-Bundesgesundheitsministers zustimmen wollte. Aus dem noch rot-rot-grünen Thüringen der Zwischenruf Wolfgang Tiefensees (SPD), in dessen Anschluss die Bundesratsvorsitzende das Votum pro Vermittlungsausschuss von Benjamin-Immanuel Hoff (Linke), Chef der Staatskanzlei in Erfurt, für ungültig erklärte. Die überraschende Enthaltung aus Schleswig-Holstein. Alle baff, nur der Gesundheitsminister freute sich. Crazy.

So crazy, wie diese ganze Pseudo-Reform, nix Halbes und nix Ganzes. Denn weder hat Lauterbach gegen eigene Bekundungen die Fallpauschalen abgeräumt, die die Kliniken – von ihm vor Jahren mitverantwortet – in desaströse und für die Versicherten teure Konkurrenz zueinander getrieben hat. Noch werden wir die versprochene bessere Versorgung erleben, denn die Vorhaltepauschalen für die Krankenhäuser sind höchstens so etwas wie ein Klinik-Bürgergeld: Nicht am Bedarf orientiert, reichen sie hinten und vorne nicht, um sich medizinisch verlässlich aufzustellen oder gar den Sprung auf den ersten Versorgungsmarkt zu schaffen. Für die Maximalversorger ist das Projekt eine Chance, aber die mussten sowieso nichts fürchten; und sie freuen sich, kommt die Reform der Notfallversorgung noch – weil sie dann abends und am Wochenende auflaufende Patientinnen abweisen können.

Krankenhaussterben – gerade in ländlichen Regionen

Für alle anderen wird es ein Hauen und Stechen. Von den derzeit 1.719 Einrichtungen sollen spätestens in zehn Jahren, prophezeite Lauterbach im Oktober in der Bild, „ein paar hundert weniger“ an Bord sein. Ein weitflächig abzuräumendes Feld! Seit 2020 haben bereits 93 Einrichtungen dichtgemacht. Das Krankenhaussterben wird sich von 2025 an beschleunigen, gerade in ländlichen Regionen. Viele werden sich zusammenschließen müssen zum Nachteil der Erreichbarkeit oder sie werden die vorgeschriebenen Qualitätskriterien für Grundversorgung bzw. Spezialisierung (Leistungsgruppen) nicht erreichen. Denen, die im Ausleseprozess übrigbleiben, steht eine Zukunft als bessere Pflegeheime in Aussicht – die sprachhygienisch aus dem Gesetz getilgten „Level 1i“-Einrichtungen.

Denke niemand, mit der Union würde es besser werden! Sollte diese oder der Grüne Winfried Kretschmann aus Baden-Württemberg Klage gegen das KHVVG einreichen, geht es höchstens um die Rechte der Länder. Nicht um das Recht auf Gesundheit.