Dummheit auf dem Vormarsch – Europa lässt Zweifel wachsen

Europa steht derzeit unter keinem guten Stern. Und es sieht nicht danach aus, als gebe es absehbar einen Lichtblick. Wo immer man hinschaut: Geisterbahnen. Menschen, maximal aus Haut und Knochen. Von schlichtem Verstand. Entweder sie demontieren sich selbst . Was ja noch in Ordnung wäre. Oder sie demontieren andere. Was nicht mehr ok ist. Das kann man nicht wirklich sportlich nehmen. Das ist fatal. Politisch und gesellschaftspolitisch. Da kann sich, wer noch einen Kopf zum Denken hat, nur dran greifen. Und verzweifeln.
Die Liste der Widerlichkeiten ist dieser Tage nurmehr ein Stück länger geworden: Der FC Bayern wird unter Straftäter Hoeneß Meister. Und schickt althofierte Helden auf miese Tour in die Wüste. Die Grünen landen in Umfragen weit hinter der AfD. Die sich bei Habeck&Co bedanken darf. In Spanien wird das Linksbündnis von rechts abgestraft. Als zöge Franco die Fäden. Und Erdogan wird als türkischer Autokrat wiedergewählt. Mit tatkräftiger Hilfe seiner Landsleute in Deutschland. Da ist Roger Waters noch das geringste Übel.
Ich habe in der 80er Jahren geglaubt, fast Alles würde besser. Nun wird Vieles schlimmer. Wir haben unsere Horizonte erweitert. Und blicken auf Orban, Meloni und Höcke. Denen mit halbem Herzen des Fortschritts das silberne Tablett gereicht wird. Darauf serviert wird die hohe Kunst der Selbstzerfleischung. Statt ein bisschen Rückgrat zu zeigen, beugen wir uns der Mediokratie. Machen im Zweifel lieber Klimaaktivisten fertig (Scholz) und mobben Flüchtlinge (Kilicdaroglu). Und erschrecken, wenn Andere darin besser sind.
Wovor man sich fürchten muss, ist die doppelte Strafe. Das eigene Gesicht zu verlieren. Und die Verfechter von Menschenfeindlichkeit und anderen schlechten Sitten stärker zu machen, als sie sein dürften. Im Grunde dürften sie gar nicht sein. Aber davon sind wir weiter entfernt denn je. Im Gegenteil: Wir verspielen gerade auf jämmerliche Art und Weise unsere Zukunft. Und die unserer Nachfahren. Und wir glauben, durch Stellvertreterkriege unseren Hintern retten zu können. Ohne zu wissen, was nach dem Rumgeballere kommt.
Kriege retten keine Menschenleben. Und Zerstörungen bieten kein Dach überm Kopf. Chauvinismus ist keine Kunst und nationalistische Attitüden sind die falsche Musik zur Wahrung der eigenen Identität. Vor allem stinkt mir, dass all die, die wir zuvor verteidigen wollten, vergessen sind. Dass unsere demokratischen Schwüre von gestern durch neue waghalsige Versprechen verraten werden. Das geopolitische Gestochere in den Nebeln einer hochexplosiven Welt wirkt auf mich nicht überzeugend.
Statt Grenzen sollten besser Haltungen zählen. Statt Abgrenzungen zu propagieren sollten verbindende Kräfte gestärkt werden. Wir sollten uns humanitärer Werte bewusst bleiben, statt uns von Demagogen welcher Couleur auch immer aufs Glatteis führen lassen. Mich jedenfalls verbindet mit Verfechtern von Demokratie und Menschenrechten in Afghanistan und Syrien mehr als mit Konservativen und Rechten im eigenen Land. Und mit der russischen Nawalny-Opposition mehr als mit dem ukrainischen Asow-Regiment.
Insofern bin ich nicht bereit, im Zweifelsfall ein Auge zuzudrücken. Denn schnell werden aus einem Auge zwei. Und so gilt es auch in Europa, die Augen offen zu halten. Und sich nicht Einlullen zu lassen von kurzfristiger Vorteilsnahme. Das aber, so scheint mir, ist an der Tagesordnung. Ob beim FC Bayern, den Grünen oder Erdogan. Und immer ist Macht im Spiel. Entweder Macht oder Mitmacht. Man muss sich also genau überlegen, wobei man mit-macht. Und ob man Haut und Knochen sein will – oder auch Verstand.