Dortmund: Polizeipräsident spricht von „verunsicherten Beamten“ – WELT

Nach Medienberichten über Sicherheitsprobleme in der als Brennpunktviertel bekannten Dortmunder Nordstadt hat Polizeipräsident Gregor Lange Verunsicherung unter den für die Wache tätigen Polizisten eingeräumt. Sie stünde in Zusammenhang mit dem Einsatz im August 2022, bei dem ein 16 Jahre alter Flüchtling aus dem Senegal von einem Polizisten erschossen worden war.

„Was im Wachbereich Nord im vergangenen Jahr passiert ist, steckt nicht jeder so einfach weg“, teilte Lange am Dienstag in einer schriftlichen Stellungnahme mit.

Fünf Kolleginnen und Kollegen müssten sich demnächst vor Gericht verantworten. „Es ist nur verständlich, dass die derzeitige Situation auch Unsicherheit auslöst.“ Dennoch erwarte er von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, „dass sie da, wo kriminelle Strukturen erkennbar werden, konsequent einschreiten – natürlich immer unter Nutzung rechtsstaatlicher Mittel und Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.“ Dafür hätten alle Beamtinnen und Beamten Rückendeckung.

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Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung anonyme Aussagen von Polizisten veröffentlicht, die fehlende Rückendeckung des Präsidiums bei Einsätzen in dem Viertel kritisierten. Beamte seien etwa angewiesen worden, möglichst wenige Migranten zu kontrollieren. Auch Geschäftsleute aus der Nordstadt beklagten laut „Bild“ mangelnde Kontrollen. Beamte hätten Angst, gegen aggressive Dealer einzugreifen. „Die Polizisten wollen halt keinen neuen Ärger“, wurde ein Ladeninhaber zitiert.

Polizeipräsident Lange sieht die Behörde vor einer Zerreißprobe: „Die einen fordern von uns härteres Vorgehen. Von anderer Seite wird uns übertriebene Härte vorgeworfen.“ Die Anzahl der Straftaten sei zuletzt gestiegen.

Eine Maßnahme dagegen sei die Videobeobachtung im Dietrich-Keuning-Park, die im März installiert wurde. Mit Geschäftsinhabern im Umfeld des Borsigplatzes wolle Lange nun einen Ortstermin arrangieren. Auch Gespräche mit den Polizisten der Wache Nord seien geplant.

Die Personaldecke sei im Wach- und Wechseldienst allgemein angespannt, teilte Polizeisprecher Felix Groß mit. Aktuell lägen 15 Umsetzungsgesuche von Beamten aus der Wache Nord vor, „für eine deartig große Wache eine unauffällige Zahl“. Daneben gäbe es 14 Gesuche von Beamten, die von einer anderen Wache zur Wache Nord wechseln wollten.

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Bei dem Einsatz am 8. August hatte ein Polizist sechs Schüsse aus einer Maschinenpistole abgefeuert. Vier trafen den Jugendlichen, der sich den Beamten zuvor mit einem Messer genähert haben soll. In Dortmund kam es danach zu Demonstrationen des linken Spektrums und der afrikanischen Community.

Source: welt.de