Die Weltbank findet 70 Milliarden Dollar

Deutschland, die USA und neun weitere Länder stärken die finanzielle Feuerkraft der Weltbank um 70 Milliarden Dollar. Um diese Summe steigt das Kreditvolumen der Weltbank-Sparte, die Länder auf mittlerem Einkommensniveau mit Krediten versorgt, über eine Zeitspanne von zehn Jahren. Damit kann die Banksparte mit dem sperrigen Titel „International Bank for Reconstruction and Development“ jedes Jahr rund 20 Prozent Kredit zusätzlich vergeben. Die Darlehen sind erstmals überhaupt für sogenannte globale Gemeinschaftsgüter reserviert.

Mit den Krediten sollen Projekte finanziert werden, die sich für ein einzelnes Land ohne finanzielle Anreizen nicht lohnen, aber für die Weltgemeinschaft nützlich sind. In Frage käme dafür zum Beispiel die Finanzierung von Laboratorien zur Pandemieprävention. Maßnahmen, die das Klima schützen, ansteckende Krankheiten im Keim ersticken, wertvolle Urwälder schützen oder Folgen von militärischen Konflikten mildern, sollen durch das Programm über die Rentabilitätsschwelle gehoben werden.

Die Auffüllung des Kredittopfes geht auf eine gemeinsame Initiative Deutschlands und der USA zurück, die nach Wegen suchten, ohne eine politisch zeitraubende klassische Kapitalerhöhung mehr Kapital in die Weltbank zu schleusen, um dieses für zusätzliche Ausleihungen zu hebeln.

Risikofreie Anleihen platzieren

Deutschland kann unter der Führung von Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) für sich beanspruchen, den Vorreiter gespielt zu haben. Die Bundesregierung stellte schon im vorigen Herbst 305 Millionen Dollar Hybridkapital zur Verfügung. Jetzt ziehen 10 Länder nach, allen voran die USA, die allein 7 Milliarden Dollar als Garantiekapital bereitstellen wollen. Allerdings muss der Kongress erstmals den Haushalt fürs kommende Jahr bewilligen, damit die Summe frei wird. Damit ist ein kleines Risiko verbunden, das allerdings extreme Auswirkung hätte. Ohne den Beitrag der Amerikaner fehlten dem Kredittopf 54 Milliarden Dollar. Die wichtigsten Protagonisten des Projektes einschließlich der Ministerin Schulze verströmen aber Zuversicht, dass das klappt. Das Weiße Haus versucht, dem Kongress die Weltbank als Plattform zu verkaufen, mit der man dem geostrategischen Rivalen China im Werben um arme Länder Paroli bieten könne.

Hybridkapital und Garantiekapital sind zwei Finanzinstrumente, die gemeinsam haben, dass sie der Weltbank die nötige Kapitaldeckung geben, mit der sie am Kapitalmarkt risikofreie Anleihen platzieren und mit dem eingenommenen Geld günstige Kredite vergeben kann. Mit Hybridkapital kann man grob das Achtfache an Kredit mobilisieren, mit Garantiekapital ungefähr das Sechsfache. Damit steht Deutschland für ein Kreditvolumen von 2,5 Milliarden Dollar.

Schulze ließ in einer Pressekonferenz in Washington aber keinen Zweifel daran, dass die Mittel angesichts der globalen Herausforderungen nicht langten. Die Weltbank unter dem ehemaligen Kreditkarten-Manager Ajay Banga sucht angetrieben von den Anteilseignern nach Möglichkeiten, welche die Kredit- und Hilfstöpfe vergrößern, ohne das Triple-A-Rating zu gefährden. Zusätzliche 40 Milliarden Dollar auf zehn Jahre hat man aus der Bilanz der „International Bank for Reconstruction and Development“ schon herausgepresst, in dem man einfach die geforderte Eigenkapitalquote leicht senkte. Aktuell kämpft Banga darum, den Topf der Weltbanksparte aufzufüllen, die sich um die ärmsten Länder kümmert: Eine Summe oberhalb von 100 Milliarden Dollar, nach 932 Milliarden Dollar nach der letzten Auffüllung vor drei Jahren, wären sein Ziel.

Doch die Regierungen, welche die Summe beisteuern sollen, kämpfen selbst mit Haushaltsproblemen, einschließlich Deutschland. Zuletzt hatte Deutschland 1,6 Milliarden Dollar für 3 Jahre gegeben. Schulze steht aber unter dem Druck des Finanzministers, ihre Ausgaben zu kürzen. Unabhängig davon macht sie keinen Hehl daraus, an einer neuen, vor allen von französischen Ungleichheitsexperten um Gabriel Zucman befeuerten Initiative einer Mindeststeuer für Milliardäre Gefallen zu finden.