Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock ist überraschend in Kiew eingetroffen

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock ist überraschend in Kiew eingetroffen. Sie wolle mit ihrem zweiten Besuch seit Kriegsbeginn zeigen, „dass wir der Ukraine weiter beistehen, solange es nötig ist – mit der Lieferung von Waffen, mit humanitärer und finanzieller Unterstützung“, sagte sie bei ihrer Ankunft. Aus ihrer Sicht sei klar, dass der russische Präsident Wladimir Putin darauf setze, „dass wir der Anteilnahme am Leid der Ukraine müde werden“. Der Kremlchef glaube, „dass er unsere Gesellschaften mit Lügen spalten und mit Energielieferungen erpressen kann“ Diese Rechnung Putins dürfe und werde nicht aufgehen. Sie sei gekommen, um den Menschen in der Ukraine zu zeigen, „dass sie sich weiter auf uns verlassen können“.

Die Grünen-Politikerin reiste in der Nacht zu Samstag mit einem Sonderzug und einer kleinen Delegation von Polen aus nach Kiew. Der Luftraum über der Ukraine ist seit Kriegsbeginn gesperrt. In der Hauptstadt will Baerbock unter anderem Gespräche mit Außenminister Dmytro Kuleba führen. Die Ministerin war Mitte Mai als erstes deutsches Regierungsmitglied seit Kriegsbeginn nach Kiew gereist. Sie hatte damals die deutsche Botschaft wiedereröffnet und Präsident Wolodymyr Selenskyj sowie Kuleba getroffen.

Kiews Truppen melden erhebliche Geländegewinne

Ukrainische Truppen haben nach Selenskyjs Angaben mehr als 30 Siedlungen in der ostukrainischen Region Charkiw von den Russen zurückerobert. „Wir übernehmen nach und nach die Kontrolle über neue Siedlungen“, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Sowohl im Donbass im Osten der Ukraine als auch im Süden des Landes dauerten die „erbitterten Kämpfe“ an, sagte der Präsident. „Es ist mühsam, aber wir kommen voran“, schrieb der Oberkommandierende der ukrainischen Armee, Walerij Saluschnyj, im Onlinedienst Telegram zur Gegenoffensive.

Der britische Militärgeheimdienst bestätigte in seinem jüngsten Lagebericht, die ukrainischen Streitkräfte bedrohten die russischen Besatzer in der strategisch wichtigen Stadt Kupjansk in der Region Charkiw. Sollte der Ort zurückerobert werden, wäre das ein schwerer Schlag für Russlands Truppen, heißt es in dem Papier. Kupjansk liegt an den russischen Nachschublinien zur Front im Donbass im Osten der Ukraine.

Die Regierung in Moskau schickte russischen Nachrichtenagenturen zufolge gepanzerte Fahrzeuge und Kanonen zur Verstärkung in die Region. Vom russischen Verteidigungsministerium verbreitete Bilder zeigten Militärfahrzeuge, teils mit russischen Flaggen, die in der Region Charkiw unterwegs sein sollen.

Auch nach Einschätzung von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin macht die Ukraine bei ihrer laufenden Gegenoffensive Fortschritte. „Wir sehen jetzt Erfolge in Cherson, wir sehen einen gewissen Erfolg in Charkiw – und das ist sehr, sehr ermutigend“, sagte der Ex-General am Rande eines Besuchs in Prag. Die Region Charkiw ist seit den ersten Kriegstagen teilweise von der russischen Armee besetzt. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich unabhängig nicht überprüfen.

DW