Die Covid-Pandemie kommt zurück

Das Coronavirus breitet sich aus, die Inzidenzen steigen bundesweit und viele Kliniken warnen wieder vor Engpässen: „Die Richtung, in die wir unterwegs sind, ist keine gute“, sagt Bundesgesundheitsminister Lauterbach. Mit seiner neuen Kampagne will er Menschen zum Impfen motivieren.

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat die Länder wegen vielerorts hoher Corona-Infektionszahlen eindringlich aufgefordert, wieder mehr Maskenvorgaben für Innenräume vorzusehen. „Die Covid-Pandemie kommt zurück“, warnte der SPD-Politiker auf einer Pressekonferenz in Berlin. Sie sei zwar nie wirklich weg gewesen, doch angesichts steigender Zahlen bei Ansteckungen, Gestorbenen und Belastungen in Kliniken sei die Richtung, in die wir unterwegs seien, „keine gute“. Sinnvoll wäre, mit geringeren Einschränkungen jetzt zu arbeiten, als mit sehr drastischen spät zu reagieren.

Lauterbach stellte hierfür eine neue Kampagne unter dem Motto „Ich schütze mich“ vor, die für Impfungen sowie für Vorsicht und Schutz mit Masken werben soll. Es sei keine Angst-Kampagne, so der Minister. „Es geht darum, dass wir als Gemeinschaft zusammenhalten.“ In der Kampagne würden 84 „echte Personen“ von ihrem Schicksal etwa auch zu länger anhaltenden Gesundheitsbeschwerden nach Infektionen berichten. Es gebe lustige und „nicht so lustige“ Motive in der Kampagne.

Die neue Kampagne präsentierte der Minister zusammen mit Margarete Stokowski. Die Autorin ist an Long Covid erkrankt und bezeichnete sich selbst als „abschreckendes Beispiel“. Als sie im Januar erkrankte, hätte sie erst kurz vorher ihre dritte Impfung bekommen. Der akute Verlauf sei zwar nicht schlimm gewesen, erzählte Stokowski weiter, aber sie habe bis heute sehr schwere Symptome einer Long-Covid-Erkrankung und sei erst allmählich auf dem Weg der Besserung. So könne sie derzeit immer noch nicht arbeiten. Stokowski forderte eine weitgehende Maskenpflicht, auch im Freien sei diese sinnvoll. Es brauche nicht nur individuelle Aufklärung, sondern auch kollektiv verpflichtende Maßnahmen.

Lauterbach zeigte sich zuversichtlich, dass die Bundesländer zügig auf die hohen Corona-Infektionszahlen reagieren und die Maskenpflicht in Innenräumen einführen werden. „Die Länder sind vernünftig. Sie sehen ja, dass die Fallzahlen steigen, sie sehen auch, wie die Intensivkapazitäten schrumpfen und wie stark man belastet ist“, sagte Lauterbach gegenüber RTL/ntv. Er gehe davon aus, dass dies „in den nächsten“ Wochen geschehen werde.

Hohe Dunkelziffer bei Infektionen
Das Robert-Koch-Institut (RKI) registrierte für Deutschland an diesem Freitag 114.198 Neuinfektionen. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei 760. Lauterbach geht allerdings von einer „erheblichen Dunkelziffer“ aus. Es gebe eine Untererfassung bei Menschen, die einen positiven Schnelltest nicht durch einen PCR-Test bestätigen ließen. Er rechnet damit, dass die tatsächlichen Fallzahlen drei- bis viermal so hoch sind wie die offiziell gemeldeten. „Und das bedeutet, dass wir derzeit möglicherweise nicht also 100.000 neue Fälle haben, sondern, wenn man alle Fälle zählen würde, bis zu 400.000 Fälle“, sagte Lauterbach.

Gleichzeitig kritisierte er die „Verharmlosung“ der Diskussion um Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion. Ob jemand „mit“ oder „an“ Corona gestorben sei, werde von Laien falsch bewertet. „Denn wenn ich mit Corona sterbe, kann es trotzdem so sein, dass ich ohne die Corona-Infektion nicht gestorben wäre“, sagte Lauterbach. „Das kriegen viele nicht auseinander. Die denken dann, mit Corona gestorben bedeutet, der wäre sowieso gestorben.“

Zudem steige durch eine Corona-Infektion für ein Jahr auch die Wahrscheinlichkeit, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben. „Derjenige, der jetzt Corona gehabt hat und sechs Monate später an einem Herzinfarkt stirbt, der kommt nie in die Corona-Statistik“, erklärte Lauterbach. „Die müssten aber eigentlich auch gezählt werden. Weil der Mensch wäre ohne die Infektion nicht gestorben.“ Diese Verharmlosung sei nicht angemessen.

NTV