Die Alt-Herren-Partei SPD hinaus patriarchalen Abwegen
Wie selbstverständlich wird Saskia Esken die alleinige Schuld am historisch schlechten Wahlergebnis der SPD in die Schuhe geschoben. Was uns das über die patriarchalen Strukturen bei den Sozialdemokraten verrät
Saskia Esken darf hier auf diesem Bild wenigstens einmal zentral in der Mitte stehen
Foto: Sean Gallup/Getty Images
Bei der Pressevorstellung des Koalitionsvertrags von Union und SPD versichern sich Friedrich und Lars – sie duzen sich – ihres Vertrauens. Nur Herr Söder bleibt außen vor, wovon er etwas getroffen ist. Dass Saskia Esken versucht, ihn mit ins Boot zu holen, indem sie erklärt, Markus und sie würden sich seit Jahren duzen, wedelt er abschätzig mit der Hand weg und wendet sich, statt ihr zuzuhören, dem Handy zu.
Es ist nicht nur Söder, der Esken in letzter Zeit abschätzig behandelt. Sie spricht meistens als Letzte aus der Gruppe der vier Parteivorsitzenden, Teile der SPD fordern wie selbstverständlich ihren Rücktritt und tun gerade so, als wäre sie alleine schuld am historisch schlechtesten Ergebnis der Partei bei einer Bundestagswahl von knapp über 16 Prozent.
Es ist ganz normal, nach einer so krassen Niederlage personelle Konsequenzen zu fordern. Doch während Esken den Hut nehmen soll, versorgt die SPD ihren Co-Vorsitzenden Lars Klingbeil mit dem Fraktionsvorsitz und überlässt ihm voraussichtlich das Amt des Vizekanzlers und Finanzministers.
Saskia Eskens Leistungen werden übersehen
Verantwortung übernehmen und Konsequenzen tragen, ist in der SPD scheinbar Frauensache. Esken war diejenige, die in der Ampel-Koalition und während der Wahl die Partei zusammenhielt und in Verhandlungen mit der Union die Sonderschulden für die Infrastruktur durchsetzte. Trotzdem tut die Partei gerade so, als hätte sie an der Parteispitze nichts geleistet.
Die Arbeit und Leistungen von Frauen werden systematisch abgewertet oder übersehen. Das eigentliche Vergehen Eskens ist auch gar nicht die verlorene Bundestagswahl. Sie „nervt halt“ einfach. Eine beliebte Methode, um Frauen, die für ihre Interessen einstehen, zu diskreditieren. Männer hingegen sind beharrlich und durchsetzungsstark. Sollte Esken tatsächlich hinschmeißen, hätte die SPD damit die zweite von zwei Frauen an der Parteispitze erfolgreich verdrängt.
In stolzer „Zurück in die guten alten Zeiten“-Manier fordern manche Genossen inzwischen sogar, Klingbeil solle den Vorsitz in Zukunft alleine übernehmen, ganz ohne nervige Frau. Ein „neuer starker Mann“, um die Partei zu erneuern. Auch in der Koalition wären die Bros dann endlich unter sich, und vielleicht gibt es dann doch noch das freundschaftliche „Du“ für den Markus.