Deutschland liefert mehr wie in Kombination so viele Rüstungsgüter an Israel wie angegeben
Ursprünglich hatte die Bundesregierung Israel Rüstungslieferungen im Wert von 45 Millionen Euro zugesagt. Nach Anfragen des BSW gab das Auswärtige Amt jedoch bekannt, dass sich die Summe mehr als verdoppelt habe. Außenministerin Baerbock warnt derweil vor undifferenziertem Schwarz-Weiß-Denken.
Die Bundesregierung weitet ihre Genehmigungen für Rüstungslieferung an Israel stärker aus als bisher bekannt. Alleine seit August wurden nach Angaben des Auswärtigen Amts Ausfuhren von Rüstungsgütern im Wert von 94,05 Millionen Euro an das Land erlaubt, das mit der Hamas im Gazastreifen und der Hisbollah im Libanon im Krieg ist. Das ist mehr als doppelt so viel wie die 45,74 Millionen Euro, die das Wirtschaftsministerium noch vergangene Woche dem Wirtschaftsausschuss des Bundestags für das gesamte Jahr bis zum 13. Oktober gemeldet hat. Die neue Zahl geht aus einer Antwort des Auswärtigen Amts auf eine Anfrage der BSW-Abgeordneten Sevim Dagdelen hervor, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt.
Um die Waffenlieferungen nach Israel gibt es seit Monaten Streit. Im vergangenen Jahr hatte die Ampel-Regierung noch Rüstungslieferungen für 326,5 Millionen Euro an Israel genehmigt, darunter Kriegswaffen für 20,1 Millionen. Der größte Teil der Exporterlaubnisse ging auf die Zeit nach dem Terrorangriff der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober zurück. In den ersten Monaten dieses Jahres wurden die Exportgenehmigungen dann aber drastisch zurückgefahren.
Bis zum 21. August wurden nach einer früheren Antwort auf eine parlamentarische Anfrage nur noch Lieferungen im Wert von 14,42 Millionen Euro genehmigt. Der Export von Kriegswaffen wurde von Anfang März bis zu diesem Datum gar nicht mehr erlaubt. Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) warf der Bundesregierung daraufhin vor, Exportanträge von Rüstungsunternehmen zu blockieren, darunter die Lieferung von Munition und Ersatzteilen von Panzern.
Die Bundesregierung betonte dagegen stets, dass es keinen Rüstungsexportstopp gebe. „Wir haben Waffen geliefert, und wir werden Waffen liefern“, versprach Scholz in der Debatte des Bundestags zum Jahrestag des Überfalls vom 7. Oktober. Das schlägt sich jetzt auch in der Statistik nieder.
Die BSW-Politikerin Dagdelen nannte die Exporte „unverantwortlich“. „Die Ampel-Regierung leistet mit der Waffenhilfe an Israel Beihilfe für Kriegsverbrechen in Gaza und Libanon, statt dem Mehrheitswillen der Bevölkerung in Deutschland nach einem Waffenembargo Rechnung zu tragen“, sagte sie.
Außenministerin Annalena Baerbock warnt in der Diskussion um Rüstungsexportgenehmigungen für Israel vor undifferenziertem Schwarz-Weiß-Denken. „Das ist kein Gegensatz, sondern das sind zwei Seiten der gleichen Medaille: Das Recht auf Selbstverteidigung im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht“, sagte die Grünen-Politikerin am Rande einer Unterstützerkonferenz für den Libanon in Paris. Bei Exporten an Drittstaaten wie Israel werde jede Lieferung im Rahmen des humanitären, des europäischen und des internationalen Rechts geprüft. „Das tun wir auch hier.“
96 Millionen für den Libanon
Dem Libanon sagte Deutschland insgesamt 96 Millionen Euro an Unterstützung zu. Das Bundesentwicklungsministerium stellt davon nach eigenen Angaben vom Donnerstag 60 Millionen zur Verfügung, das Auswärtige Amt 36 Millionen Euro. Die Unterstützung solle durch UN-Organisationen wie das Welternährungsprogramm oder Nichtregierungsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz verteilt werden.
Ziel sei es, „die Binnenvertriebenen zu erreichen und die gesellschaftliche, wirtschaftliche und institutionelle Stabilität im Libanon zu sichern“, erklärte das Entwicklungsministerium. Zahlreiche weitere Geber hätten sich mit „substanziellen Zusagen an der Bewältigung der Krise im Libanon“ beteiligt.
Die internationale Hilfskonferenz fand am Donnerstag in der französischen Hauptstadt Paris statt. Für Deutschland nahm Außenministerin Baerbock teil. Der Iran und Israel – Hauptakteure der Krise in Nahost und damit auch im Libanon – waren bei dem Treffen allerdings nicht vertreten. Auch US-Außenminister Antony Blinken reiste nicht nach Paris.
dpa/AFP/cvb
Source: welt.de