Deutschland bleibt Wachstums-Schlusslicht in dieser Eurozone

Die EU-Kommission sieht die Konjunkturaussichten für Deutschland ein wenig optimistischer als der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Nach der faktischen Stagnation in diesem Jahr rechnet die Kommission für 2025 mit einem Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,7 Prozent.

Das geht aus der Herbstprognose der EU-Behörde hervor, die Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni am Freitag in Brüssel vorgelegt hat. Die Wirtschaftsweisen hatten am Mittwoch ein Wachstum von 0,4 Prozent prognostiziert. Auch in der Kommissionsprognose wird Deutschland 2025 aber das schwächste Wachstum unter den 20 Staaten der Eurozone aufweisen.

Weitere Länder unter dem Schnitt

Für den Durchschnitt der Eurozone sind die Prognosen der beiden Gremien identisch. Sie rechnen für 2025 mit einem Wachstum von 1,3 Prozent. Laut Kommission bleibt das Wachstum in den nach Deutschland größten Volkswirtschaften Frankreich (0,8 Prozent) und Italien (1,0 Prozent) unter dem Durchschnitt.

dpa

Anders als der Sachverständigenrat hat die Kommission auch schon eine Prognose für 2026 veröffentlicht. In Deutschland soll die Wirtschaft demnach um 1,3 Prozent wachsen, in der Eurozone um 1,6 Prozent. Der Trend, dass auch Frankreich (1,4 Prozent) und Italien (1,2 Prozent) unterdurchschnittlich wachsen, setzt sich demnach 2026 fort.

Die Inflation im Euroraum, die 2023 noch 5,4 Prozent betrug, wird sich nach Einschätzung der Kommission in den kommenden beiden Jahren erstmals seit der Corona-Pandemie wieder um das langfristige Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2 Prozent einpendeln. Für 2025 rechnet die Behörde mit einer Rate von 2,1 Prozent, für 2026 von 1,9 Prozent.

Für die Staatsfinanzen erwartet die Kommission in den kommenden beiden Jahren kaum Bewegung. Die im Durchschnitt der Eurozone seit Jahren um 90 Prozent des BIP pendelnde Schuldenquote wird laut Prognose sogar leicht von 89,1 (2024) auf 89,6 (2025) und 90,0 (2026) Prozent steigen.

Schuldenanstieg erwartet

Bemerkenswert ist dabei die unterschiedliche Entwicklung der beiden traditionellen Spitzenreiter in der Schuldenquote. Während Griechenland, dessen Quote in der Pandemie auf fast 200 Prozent des BIP geklettert war, seine Schulden seither kontinuierlich senkt und laut Prognose im Jahr 2026 bei 142,7 Prozent angelangt sein wird, erwartet die Kommission zwischen 2023 und 2026 einen kontinuierlichen Schuldenanstieg auf dann 139,3, Prozent des BIP. Für Frankreich erwartet die Kommission im gleichen Zeitraum einen Anstieg von 110 auf 117 Prozent. Für Deutschland kalkuliert die Behörde zwischen 2023 und 2026 mit einer mehr oder weniger konstanten Schuldenquote von 63 Prozent.

Die Prognosen für die Schuldenentwicklung unterliegen allerdings dem Vorbehalt, dass sich die Haushaltspolitik der betreffenden Mitgliedstaaten nicht ändert. Die Kommission will erklärtermaßen mit Hilfe der im April beschlossenen neuen EU-Budgetregeln für eine nachhaltige Senkung der Schulden sorgen.

Ob das gelingt, ist aber offen. Für Deutschland gilt das besonders. Die in der vergangenen Woche auseinandergebrochene Ampelkoalition hatte den Termin zur Abgabe ihrer Budgetpläne im kommenden Jahr nicht eingehalten. Deshalb liegen der Kommission noch keine deutschen Zahlen für 2025 vor. Weil die rot-grüne Minderheitsregierung jetzt nur mit einem Nothaushalt operieren kann, sind die Schätzungen für Deutschland mit erheblicher Unsicherheit verbunden.