Den Elfenbeinturm jener Kunst verlassen: Rainer Maria Rilke findet 1918 zur Revolution
Seiner Schaffenskraft ist die bayerische Räterepublik nicht zuträglich, doch Rainer Maria Rilke sympathisierte mit ihr, bis sie sich nach dem Tod Kurt Eisners Anfang 1919 radikalisiert
Rainer Maria Rilke war anfangs beeindruckt, wie wehrhaft die Repulik in München sein wollte
Illustration: AKG Images/dpa; Foto: Ullstein Bild/dpa
Am frühen Morgen des 2. Mai 1919 hämmert es in Münchens Ainmillerstraße 34 an die Tür. Die Schläge reißen Rainer Maria Rilke (1875–1926) aus dem Schlaf. Er ist nicht einmal erschrocken, nur unendlich verzweifelt. Wie oft hat er sich eine solche Situation ausgemalt? Rilke weiß genau, wer da vor seiner Schwabinger Wohnung steht.
Es ist sein schlimmster Moment während der bayerischen Revolution, einer 175 Tage währenden Episode mit wechselnden sozialistischen, anarchistischen und kommunistischen Regierungen. Schließlich rückt aus Berlin entsandtes Militär ein, verstärkt durch rechtsextreme Freikorps, um München zu „befreien“. Die Kämpfe lassen 600 Tote zurück, davon mehr als die Hälfte Z