Debatte reichlich Syrien-Rückkehr: Die Bundesregierung sollte ehrlich sein

Johann Wadephul


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Stand: 04.11.2025 16:40 Uhr

Der Außenminister spricht in Syrien über freiwillige Rückkehr und sagt, dass es nicht schnell gehen wird. Damit ist er ehrlich, meint Gabor Halasz. Wenn die Bundesregierung in die Populismusfalle tappe, werde sie scheitern.

Sollen syrische Flüchtlinge zurückkehren? Die Frage muss und darf man stellen. Asyl bedeutet Schutz auf Zeit. Wenn die Gründe nicht mehr bestehen, müssen Menschen auch zurück. Und klar, vor Ort in Syrien wird jeder und jede gebraucht, um das gequälte Land wieder aufzubauen. Das stimmt alles in der Theorie und so sagt es auch der Bundeskanzler. Aber Theorie ist eben nicht alles. Friedrich Merz macht es sich zu einfach.

Wir haben es leider verlernt, differenziert Debatten zu führen und verlieren uns in Populismus und Schlagzeilen. Politik muss doch auch fragen: Was bedeutet das für die Menschen? Hier bei uns und auch in Syrien. Handeln wir klug und versprechen vielleicht sogar Dinge, die wir gar nicht einhalten können? Wünschenswert wäre, dass wir es wieder schaffen, so ein Thema aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten.

Wer sich nicht an Gesetze hält, muss gehen

Sollten wir Straftäter und Gefährder abschieben? Wenn es geht: Ja. Wer sich nicht an Gesetze hält, muss gehen. Aber erst wenn er die Strafe verbüßt hat und wenn garantiert werden kann, dass auch vor Ort die Menschenrechte eingehalten werden.

Zur Wahrheit gehört aber genauso: Wir sprechen hier nur über sehr wenige Menschen. In Deutschland leben fast eine Million Syrerinnen und Syrer. Fast 300.000 arbeiten. Viele zahlen Steuern. Es sind zum Beispiel Ärzte. Sollen die jetzt zurück? Sicher nicht, werden sie in Krankenhäusern und Pflegeheimen sagen.

Wadephul spricht das Offensichtliche aus

Der Außenminister war gerade in Syrien. Johann Wadephul stand zwischen Ruinen – in einem Viertel, in dem noch Minen liegen könnten. Es ging darum, dass Syrer freiwillig zurückkehren. Da hat der Minister das Offensichtliche ausgesprochen: Es geht nicht schnell. Das ist ehrlich und sollte selbstverständlich sein.

Wadephul erkennt an, dass Syrien ein großes Land ist, das teils in Ruinen liegt, aber es natürlich auch andere Gebiete gibt. Dass die politische Lage extrem instabil ist. Dass Syrerinnen und Syrer natürlich auch zurückwollen – aber oft selbst nicht wissen, wie das gehen soll.

Die Bundesregierung – also die gesamte und nicht nur der Außenminister – sollte ehrlich sein. Wenn sie in die Populismusfalle tappt und den Eindruck erweckt, eine Million Menschen könnte abgeschoben werden, dann wird sie scheitern. Das hilft am Ende nur den echten Populisten im Land.

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Source: tagesschau.de