DB | Die Bahn wird Palla-Palla – nur hat die neue Chefin schon jetzt ein Problem
Patrick Schnieder zaubert eine fähige Managerin aus dem Hut, um das größte Staatsunternehmen Deutschlands zu führen. Kann Evelyn Palla die Deutsche Bahn wieder auf Kurs bringen? Oder scheitert sie an einem Fehler des Verkehrsministers?
Was ist von der neuen Bahnchefin Evelyn Palla zu halten?
Foto: Annette Riedl/picture alliance
Die Deutsche Bahn, früher einmal für Zuverlässigkeit und Effizienz bewundert, ist in den letzten Jahren zum Symbol für alles geworden, was im Land nicht funktioniert. Daher war die von Patrick Schnieder (CDU) angekündigte Bahnstrategie gespannt erwartet worden. Dass der Verkehrsminister damit Verantwortung für das größte Staatsunternehmen und das System Schiene insgesamt übernimmt, ist ein Fortschritt.
Von Volker Wissing (FDP) abgesehen hatten seine Vorgänger bei den wachsenden Problemen immer nur mit dem Finger auf den jeweiligen Bahnchef gezeigt und von ihm verlangt, was nicht zusammenpasst: dass das Unternehmen Gemeinwohlziele erfüllen und das Schienennetz modernisieren, gleichzeitig aber Gewinne erwirtschaften solle. In diesem Zielkonflikt gibt leider auch Schnieder noch keine Orientierung.
Die DB soll nach wie vor beides tun – wirtschaftlich arbeiten und gleichzeitig gute Verbindungen auch im ländlichen Raum bieten, die strukturpolitisch wichtig sind, sich aber nicht betriebswirtschaftlich rechnen. An vielen Stellen bleibt das Papier „Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene“ unkonkret und damit nicht mehr als das, was der Titel verspricht: Eckpunkte, keine Strategie.
Dass die Pünktlichkeitsziele weiter in die Zukunft verschoben werden, hat zwar für viel Häme gesorgt, ist aber vor allem ehrlich – denn eine schnelle Lösung für die miteinander verwobenen Probleme der Bahn gibt es nicht. Dennoch hat Schnieders Agenda das Potenzial für echte Verbesserungen.
Die neue Vorstandsvorsitzende Evelyn Palla weckt Hoffnungen
Dass der Deutschlandtakt, der optimierte Fahrplan für das ganze Land, als Leitstrategie über allem stehen soll, ist überfällig. Dass dieser in ein Zielnetz 2035 und einen verbindlichen Infraplan übersetzt wird, der für jeweils fünf Jahre alle Baumaßnahmen verbindlich festlegt, macht genauso Sinn wie die schon lange diskutierte Planungsbeschleunigung. So soll künftig beispielsweise nicht für jede Elektrifizierung und jede neue Weiche auf hoch belasteten Strecken eine Nutzen-Kosten-Untersuchung durchgeführt werden, wo die Sinnhaftigkeit ohnehin unumstritten ist.
Auch die neue Vorstandsvorsitzende Evelyn Palla weckt Hoffnungen. Sie gilt als Fachfrau und hat ihren bisherigen Arbeitsbereich Regionalverkehr nicht nur saniert, sondern dabei auch einen guten Draht zur Basis. Als Top-Managerin hat sie sich nebenher zur Triebfahrzeugführerin ausbilden lassen, um die Arbeit der Kollegen hautnah kennenzulernen, und sieht den „Eisenbahnerstolz als Kraftquelle“.
Umstritten ist hingegen der designierte neue Chef der Infrastruktursparte DB InfraGO, Dirk Rompf, der überraschend den fachlich anerkannten Philipp Nagl ersetzen soll. Die Eisenbahnergewerkschaft EVG wirft Rompf vor, für die früheren Sparmaßnahmen im Schienennetz mitverantwortlich zu sein, die die heutige Misere verursacht haben, und hat Widerstand im Aufsichtsrat angekündigt. Damit könnte seine Besetzung zur Hängepartie werden. Schon vor der Veröffentlichung hätte Schnieder im Hintergrund Diplomatie leisten müssen. Unklug ist darüber hinaus noch etwas anderes,
Wo bleibt der „Wow-Effekt“?
Und zwar wird das Konzept als Alleingang des Ministers präsentiert, anstatt die ganze Koalition vorab an Bord zu holen. Das verheißt nichts Gutes, wenn es um die notwendige Finanzierung geht. Schon jetzt fehlt ein Teil des benötigten Geldes für die Instandsetzung des Schienennetzes, weil das dafür geschaffene Sondervermögen doch nicht komplett zusätzlich ist, sondern teilweise wegfallende Haushaltsmittel ersetzt.
Und der Ausbau des Netzes geht wegen der fehlenden Geldmittel kaum voran – obwohl er für die Umsetzung des Deutschlandtakts und die Verlagerung von Personen- und Güterverkehr auf die Schiene unerlässlich ist. Stattdessen wird über die Streichung von Verbindungen diskutiert, was aber in Anbetracht der ungebrochenen Nachfrage ein fatales Signal wäre.
Für eine Verkehrswende, bei der die Menschen nicht nur aus Vernunft Bahn fahren, sondern weil sie endlich den schon lange versprochenen „Wow-Effekt“ erleben, können diese Eckpunkte nur ein Anfang sein.
Verkehrsminister Patrick Schnieder will sich an den Erfolgen messen lassen und wenn nötig weiter nachsteuern. Hier müssen wir ihn beim Wort nehmen und eine echte Strategie einfordern, wie die Deutsche Bahn zum Symbol für erfolgreiche Reformen werden kann.
Bernhard Knierim ist Referent für Verkehrspolitik bei der „Allianz pro Schiene“.