China-Strategie: Union betrachtet „Frieden durch Handel“ als gescheitert
Die Union sieht das Prinzip „Frieden durch Handel“ nicht nur mit Blick auf Russland, sondern zunehmend auch gegenüber China gescheitert. Das geht aus dem Entwurf des Positionspapiers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Chinapolitik hervor, welcher der F.A.Z. vorliegt.
Die Leitidee des Prinzips „Frieden durch Handel“ sei darauf ausgerichtet gewesen, Vernetzung zu schaffen, um Annäherung zu erreichen. Andere Regionen der Welt hätten dieses Prinzip allerdings nicht in dieser Form erwidert, „sondern zunehmend eigene Interessen formuliert und ein von der westlichen Friedens- und Wohlstandsutopie getriebenes einseitiges Abhängigkeitsnetz entstehen lassen, das jetzt von Russland, aber auch aus China heraus gegen uns eingesetzt wird“. Die Konsequenz daraus müsse sein, „ein neues industriepolitisches Handlungsprinzip zu entwickeln, das darauf basiert, dass auch Deutschland und Europa klare Interessen formulieren und durchsetzen“. China ist der größte Handelspartner Deutschlands.
Das 21 Seiten lange Papier mit dem Titel „Souveränität aus eigener Stärke – Eckpunkte für eine neue China-Politik“ ist noch nicht von der Fraktionsspitze abgesegnet worden. CDU und CSU beschreiben darin den „Aufstieg des kommunistischen Chinas“ als „zentrale, epochale Herausforderung des 21. Jahrhunderts für alle Staaten, die die regelbasierte internationale Ordnung erhalten, stärken und stützen wollen“. Das Verhältnis zu China wird mit demselben Dreiklang beschrieben, der auch im Koalitionsvertrag der Ampelregierung steht: Das Land sei Partner, wirtschaftlicher Konkurrent und systemischer Rivale. Allerdings heißt es in dem Papier, dürfe man „die Augen nicht davor verschließen, dass China von sich aus die Gewichte verschoben und den Kern der Beziehung deutlich in Richtung systemische Rivalität getrieben hat“. Diese Hervorhebung ist neu.
Ausbau von Allianzen mit „Wertepartnern“
„Die systemische Rivalität wird nicht von Europa gesucht, sondern von China an uns herangetragen“, heißt es in dem Papier. „Das zeigt nicht zuletzt Chinas Handeln im Kontext des Kriegs gegen die Ukraine.“ Weiter heißt es, mit „seiner Größe, seiner finanziellen und wirtschaftlichen Stärke und mit seiner rasant wachsenden militärischen Macht entwickelt sich China zur größten Herausforderung seit dem Ende der Sowjet-Zeiten, auch ideologisch“. Dieser Paradigmenwechsel sei „als die strategische Herausforderung für die freiheitlich-demokratisch verfasste Staatenwelt insgesamt viel zu lange unterschätzt“ worden. „Diese Realität gilt es anzuerkennen und darauf klug, abgestimmt und entschlossen zu reagieren.“
Ausmachen sollte eine neue China-Politik laut dem Papier eine Fähigkeit und eigenen Stärke zum Wettbewerb, wo China diesen suche und forciere, ebenso wie eine Resilienz und Wehrhaftigkeit sowie die Bildung und der Ausbau von Allianzen und Partnerschaften mit „Interessen- und Wertepartnern“. Aber auch eine „Bereitschaft zur Partnerschaft da, wo diese durch China offen, transparent und verlässlich angenommen wird“.
Wie es schon der Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz (CDU) bei seinen Reden im Bundestag getan hat, wird auch in dem Papier vor allem auf eine europäische China-Strategie gedrungen. Auch die Klimaaußenpolitik gegenüber China solle gestärkt werden, und von strategisch hoher Bedeutung sei die Zusammenarbeit, Diversifizierung des Handels und Ausweitung der Beziehungen mit den Partnern im indo-pazifischen Raum. Mit Blick auf die Sicherheit und Verlässlichkeit der Wertschöpfungsketten und Energie- und Rohstoffimporte müssten „bestehende und entstehende Abhängigkeiten“ stärker überwacht werden. „Ein Decoupling von China ist aus deutscher und europäischer Perspektive weder realistisch noch wünschenswert.“
Die Unionsfraktion wirbt in dem Papier auch dafür, dass es im Umgang mit China „einen nationalen Konsens über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg“ brauche. Das spielt auf die Arbeit der Bundesregierung an einer neuen China-Strategie an, die nach der in der nächsten Wochen erwarteten Nationalen Sicherheitsstrategie ausformuliert werden soll. Auch in der Sicherheitsstrategie wird dem Vernehmen nach der Dreiklang in der Beschreibung des Verhältnisses zu China beibehalten, womöglich aber ebenso mit einer Verschiebung der Gewichtung auf die systemische Rivalität.
Source: faz.net