Bundestag hat abschließend über das 200-Milliarden-Hilfspaket gegen die sprunghaft gestiegenen Energiepreise beraten
Wie die Gaspreisbremse genau ausgestaltet werden soll, ist noch nicht abschließend geklärt. Für ihre Finanzierung aber gab der Bundestag nun grünes Licht. Er billigte heute die Gelder in Höhe von 200 Milliarden Euro.
Der Bundestag hat zur Finanzierung der geplanten Gas- und Strompreisbremsen erneut eine Ausnahme der Schuldenbremse genehmigt. Damit ermöglicht er dem Bund, zusätzliche Kredite in Höhe von 200 Milliarden Euro aufzunehmen.
Ein solcher Beschluss ist nur in außergewöhnlichen Notsituationen möglich. Die Schuldenbremse ist im Grundgesetz verankert und schreibt vor, dass der Bundeshaushalt ohne größere Kredite auskommen soll. Es gibt allerdings einen kleinen Spielraum von 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung. In konjunkturell schlechten Zeiten dürfen noch etwas mehr Schulden gemacht werden. Doch auch diese Summe wird für die von der Bundesregierung geplanten Energiepreisbremsen voraussichtlich nicht ausreichen.
Durch das Modell eines Sonderfonds will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sein Ziel erreichen, ab dem kommenden Jahr wieder die Schuldenbremse einzuhalten. Dies hatten die Opposition und auch der Bundesrechnungshof kritisiert, denn die Auszahlungen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds sollen bis Mitte 2024 erfolgen, die Schulden würden aber nur auf 2022 angerechnet.
Gaspreisbremse soll eventuell rückwirkend greifen
Mit dem Sonderfonds sollen die Folgen des Energiepreisanstiegs gemildert und insbesondere die geplante Gaspreisbremse finanziert werden. Laut SPD soll bei der Preisbremse geprüft werden, diese rückwirkend greifen zu lassen statt erst ab März 2023. Auch werde es womöglich eine zweite Abschlagszahlung geben, sagte SPD-Fraktionvize Matthias Miersch im Bundestag. Die Experten hatten sich für eine Abschlagszahlung im Dezember ausgesprochen. Am Donnerstag hatte Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag eine Umsetzung der Gaspreisbremse spätestens zum März angekündigt.
Eine von der Regierung eingesetzte Expertenkommission hatte vorgeschlagen, den Gaspreis durch einen staatlichen Zuschuss ab März 2023 auf zwölf Cent pro Kilowattstunde zu senken, für 80 Prozent des geschätzten bisherigen Verbrauchs, um einen Sparanreiz zu geben. Für eine Entlastung noch in diesem Jahr schlägt die Kommission eine Einmalzahlung in Höhe der monatlichen Abschlagszahlung vor.
Dürr: Günstiger als Bundeshaushalt zu öffnen
Zuvor hatte FDP-Fraktionschef Christian Dürr den geplanten 200 Milliarden Euro schweren “Abwehrschirm” der Bundesregierung in der Energiekrise gegen Kritik verteidigt. Es sei sinnvoller, dieses Instrument zu wählen statt den Bundeshaushalt für neue Schulden zu öffnen, sagte Dürr vor der Abstimmung des Bundestags im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. “Ich halte das für zielgerichteter und finanzpolitisch mehr verantwortbarer, als es über den allgemeinen Haushalt zu machen.”
Dürr sagte, die 200 Milliarden Euro seien der Rahmen, den die Bundesregierung gesteckt habe. “Das Ziel ist ja, dass wir vielleicht unter 200 Milliarden liegen.” Hätte die Ampel-Koalition den Bundeshaushalt allgemein geöffnet und die Schuldenbremse außer Kraft gesetzt, wäre auf einmal Geld für alles Mögliche da und es gäbe Wunschkonzerte, was die Politik finanzieren solle. Dies wäre sehr viel teurer, sagte Dürr.
Union: “Stellen keinen Blankoscheck aus”
Die Union hatte vor der Abstimmung angekündigt, dem 200-Milliarden-Euro-Topf nicht zustimmen. Fraktionsvize Mathias Middelberg kritisierte, bisher gebe es weder für die Gaspreisbremse, noch für die Strompreisbremse ein Konzept. “Heute steht zur Entscheidung, dass Sie von uns einen Geldsack haben wollen, gefüllt mit 200 Milliarden Euro, den wollen Sie sich dann in den Keller ihrer Regierung stellen und dann wollen Sie überlegen, was Sie damit anfangen”, sagte er im Vorfeld der Abstimmung. “Kein Mensch in diesem Land weiß, was Sie konkret machen.” Üblich sei es doch, erst zu überlegen, was man kaufen wolle, was das koste – und dann zur Bank zu gehen um das Geld zu holen, sagte Middelberg. Die Ampel-Regierung mache das umgekehrt.
CDU-Chef Friedrich Merz hatte zuvor im rbb24 Inforadio angekündigt, man werde der Bundesregierung keinen “Blankoscheck” ausstellen. Ähnliche Kritik kam von der Linken. Vize-Fraktionschefin Gesine Lötzsch sagte: “Sie wollen uns die Katze im Sack verkaufen und das wollen wir nicht akzeptieren.”