Bundeshaushalt: Wie kommen wir da raus?

Die Ampelkoalition, das ist hinlänglich beschrieben worden, ist im Kern am Geld gescheitert. Nachdem das Bundesverfassungsgericht den Bundeshaushalt vor fast genau einem Jahr für rechtswidrig erklärt hatte, fehlten auf einmal 60 Milliarden Euro im Etat. Zwei der drei Koalitionsparteien, Grüne und SPD, wollten deshalb neue Schulden aufnehmen. Die FDP war aber dagegen. So ist es nicht gelungen, die Lücke zu schließen.

Nach der Neuwahl im Februar soll das nicht noch einmal passieren. So jedenfalls kann man verstehen, was aus den beiden politischen Lagern zu hören ist. Kanzler Olaf Scholz von der SPD sprach sich am Wochenende in der Süddeutschen Zeitung für eine „moderate Veränderung“ der Schuldenbremse im Grundgesetz aus. Und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz meinte, „selbstverständlich“ könne man über eine Reform reden.

Klingt so, als sei damit alles geklärt: Die Schuldenbremse wird reformiert, und es ist wieder genug Geld da. Doch wer auch immer die nächste Regierung anführt – das Finanzierungsproblem wird bleiben.

Weil in den Parteien wegen des vorgezogenen Wahltermins noch keine durchgerechneten Konzepte für ihre Vorhaben vorliegen, lassen sich die Fehlbeträge nicht exakt beziffern. Man kann sie aber schätzen. Im Etat für das kommende Jahr fehlt ein niedriger einstelliger Milliardenbetrag. Für die Jahre 2026 bis 2028 besteht laut Finanzplanung der Regierung „haushaltspolitischer Handlungsbedarf“ in Höhe von insgesamt knapp 70 Milliarden Euro. Das liegt unter anderem daran, dass das 100 Milliarden Euro hohe Sondervermögen für die Bundeswehr 2027 aufgebraucht sein wird und die steigenden Militärausgaben dann aus dem regulären Haushalt bestritten werden müssten.

Dabei ist allerdings noch nicht berücksichtigt, dass sowohl die SPD als auch die Union die Wirtschaft stützen wollen. Beide Parteien planen Steuersenkungen für die Mittelschicht, die je nach Umfang bis zu 30 Milliarden Euro jährlich an Einnahmeausfällen verursachen würden. Auch eine Entlastung der Unternehmen hat in beiden Lagern Anhänger. In der CDU denkt man über eine Absenkung des Unternehmensteuersatzes nach. Jeder Prozentpunkt weniger würde ungefähr zweieinhalb Milliarden Euro Steuereinnahmen im Jahr kosten. Die Sozialdemokraten setzen auf Energiesubventionen und verbesserte Abschreibungsregeln, die für mehr Investitionen sorgen sollen. Die Kosten dürften ebenfalls in die Milliarden Euro gehen.



Relativ gesund

Tatsächliche und ab 2024 erwartete Staatsverschuldung Deutschlands

im Vergleich zu anderen Industrieländern in Prozent des

Bruttoinlandsprodukts (BIP)

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©ZEIT-GRAFIK/Quelle: IMF

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Dazu kommen Ausgaben für die Modernisierung der Infrastruktur, wie sie viele Ökonomen, die Gewerkschaften und die Arbeitgeberorganisationen fordern. Der Bundesverband der Deutschen Industrie kalkuliert beim Bund, bei den Ländern und bei den Gemeinden mit einem Investitionsbedarf in Höhe von 400 Milliarden Euro in der nächsten Dekade (vor allem für Bildung und Verkehr). Das wären also zusätzlich etwa 40 Milliarden Euro im Jahr, wovon etwa die Hälfte auf den Bundeshaushalt entfallen dürfte.

Dass der nächste Kanzler das alles auf einmal in die Tat umsetzt, ist zwar unrealistisch, weil die Maßnahmen zum Teil auch bei den eigenen Parteimitgliedern umstritten sind. Auf einen mittleren bis hohen zweistelligen Milliardenbetrag an zusätzlichen Ausgaben beziehungsweise Einnahmeausfällen dürfte es allerdings in jedem Szenario hinauslaufen.