Buchempfehlungen: Die Sachbuch-Bestenliste für April

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Meron Mendel: Über Israel reden

Kiepenheuer & Witsch, 224 S., 22,– €

Als Meron Mendel vor 20 Jahren von Israel nach Deutschland kam, stellte er verwundert fest, wie unerbittlich über sein Geburtsland gestritten wurde. Seine Eindrücke hat der Pädagoge und Leiter der Bildungsstätte Anne Frank nun in einem Essay verarbeitet. Differenziert zeigt er, dass sich Antisemitismuskritik und Solidarität mit den Palästinensern nicht ausschließen müssen. 140 Punkte


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Miranda Fricker: Epistemische Ungerechtigkeit

A. d. Engl. v. Antje Korsmeier, C. H. Beck, 278 S., 34,– €

Ihre Theorie gilt als ein moderner Klassiker: 2007 beschrieb die britische Philosophin Miranda Fricker mit der „epistemischen Ungerechtigkeit“ eine Dimension der Diskriminierung im Zusammenspiel von Wissen und Macht. Demnach werden Erfahrungsberichten marginalisierter Gruppen weniger Glauben geschenkt. Nun erscheint das Buch erstmals auf Deutsch. 85 Punkte


3 (8)

Jan Philipp Reemtsma: Christoph Martin Wieland

C. H. Beck, 704 S., 38,– €

Auch wenn Goethe und Schiller ihn in den Schatten gestellt haben: Der Erfinder der Weimarer Klassik ist Christoph Martin Wieland. Neben seinem literarischen Schaffen begründete der Tausendsassa die moderne Oper, den politischen Journalismus, die erotische Verserzählung. Jan Philipp Reemtsma hat nun die erste große Biografie seit 70 Jahren vorgelegt. 55 Punkte


4 (–)

Franziska Grillmeier: Die Insel

C. H. Beck, 220 S., 24,– €

2018 zog die Journalistin Franziska Grillmeier nach Lesbos – jene Insel, auf der sich das damals größte Fluchtlager Europas befand: Moria. Schon bald stellte sie fest, dass Menschenrechtsverletzungen an den Rändern Europas zum Alltag gehören. Ihre schonungslose Reportage zeigt: Nicht nur Lesbos ist eine Insel, auch Europa schottet sich inselhaft ab. 49 Punkte


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Gilda Sahebi: Unser Schwert ist Liebe

S. Fischer, 256 S., 24,– €

Im Iran vollziehe sich „feministische Weltgeschichte“, so Gilda Sahebi. Die Journalistin zeigt die Vielfältigkeit einer Revolte auf, die auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig stattfindet: in der Musik, in feministischen Diskursen, in den Protesten auf der Straße. Eindrucksvoll dokumentiert sie den Umbruch in Gesprächen mit Menschen, die der Hinrichtung entgangen sind. 45 Punkte


6 (–)

Hanjo Kesting: Thomas Mann

Wallstein, 400 S., 28,– €

Einst galt der Publizist Hanjo Kesting als berüchtigter Kritiker Thomas Manns. Doch über die Jahrzehnte wandelte er sich zu einem großen Verehrer. Die Gedanken, die er sich zeitlebens zu Mann machte, hat Kesting nun in einem Buch zusammengetragen. So lernt man etwa bei der Lektüre, wie eng Manns gequälte Seele mit seinen politischen Ansichten verschlungen war. 33 Punkte


6 (–)

Tom Mustill: Die Sprache der Wale

Aus dem Englischen von Christel Dormagen, Rowohlt, 400 S., 24,– €

Fast wäre er bei einem Zusammenstoß mit einem Buckelwal gestorben – die Faszination für diese Tiere ließ ihn danach nie wieder los. Jahrelang beschäftigte sich der britische Filmemacher Tom Mustill mit den Meeresgiganten. Nun hat er ein Buch über sie geschrieben. Er zeigt: Nur wenn wir die Sprache der Wale verstehen, können wir sie angemessen schützen. 33 Punkte


8 (–)

Katharina Raabe, Kateryna Mishchenko (Hrsg.): Aus dem Nebel des Krieges

edition suhrkamp, 288 S., 20,– €

Tausende Tote, Millionen Geflüchtete: Der Krieg hat die Ukraine verwüstet. Der Widerstand der Ukrainer hält an; ihr Leben hat sich in einem Zustand der Ungewissheit eingependelt. Was werden sie erblicken, wenn sich der „Nebel des Krieges“ lichtet? Eine Sammlung von Aufsätzen und Reportagen, welche die undurchdringliche Gegenwart zu fassen versuchen. 30 Punkte


9 (–)

Dirk Oschmann: Der Osten: eine westdeutsche Erfindung

Ullstein, 224 S., 19,99 €

„Der Osten erscheint als Geschwür am Körper des Westens“, schreibt der Germanist Dirk Oschmann. Die neuen Bundesländer werden heute mit allen Problemen des Landes in Verbindung gebracht: Populismus, Rassismus, Armut. Oschmann macht dafür Westdeutsche verantwortlich, die noch immer Medien und Politik dominieren. Eine Wutrede mit spitzer Feder. 29 Punkte


10 (–)

Ewald Frie: Ein Hof und elf Geschwister

C. H. Beck, 191 S., 23,– €

In den Sechzigerjahren endete in Deutschland die Epoche der bäuerlichen Gesellschaft. Der Historiker Ewald Frie – auf einem Hof im Münsterland aufgewachsen – rekonstruiert diese Zeit des Umbruchs. Plastisch beschreibt er beispielsweise, wie sein Stallgeruch plötzlich Anstoß erregte. Eine Familienchronik und das Porträt einer untergegangen Welt. 25 Punkte