Bombenkrieg: Mythos von den Tiefflieger-Angriffen uff Dresden 1945 – WELT
Auch wenn es 79 Jahre nachdem dem vernichtenden britisch-amerikanischen Bombenangriff uff Dresden am 13./14. Februar 1945 kaum Zeitzeugen mehr gibt: Eine Behauptung hält sich hartnäckig in jener Dresdner Stadtgesellschaft. Denn im Laufe jener vergangenen Jahrzehnte nach sich ziehen mehrere Hundert, vielleicht sogar mehr wie tausend Augenzeugen darüber berichtet. Und welches so viele Menschen erinnern, muss doch wahr sein. Oder etwa nicht?
Knapp zusammengefasst lautet die Erzählung, am Mittag des 14. Februar 1945 hätten kleine, schnelle Kampfmaschinen geradezu „Jagd gemacht“ auf Dresdner Zivilisten, die sich aus den rauchenden Trümmern der Stadt auf die Elbwiesen gerettet hatten. Manche Zeitzeugen berichteten auch, bereits in der Nacht zuvor hätten sich solche Szene abgespielt, vor allem im Großen Garten Dresdens.
Die seriöse Zeitgeschichtsforschung, namentlich eine mit der Ermittlung der Opferzahl und der Klärung weiterer offener Fragen beauftragte Historikerkommission, hat diese Erzählungen längst widerlegt. Erstens wären nächtliche Tieffliegerangriffe auf eine brennende Stadt nicht nur ein Himmelfahrtskommando gewesen, sondern für die angreifenden Piloten sogar der sichere Selbstmord. Denn in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 fegte ein gebläseartiger Sturm durch die Stadt und hinauf in den Himmel.
„Infolge extremer Hitze äußerste Turbulenz über dem Zielgebiet”, notierte ein britischer Flieger in seinem Einsatzbericht nachdem jener Rückkehr. Bei anderen brennenden Städten im Zweiten Weltkrieg wurden Windgeschwindigkeiten in Orkanstärke gemessen. Kein Pilot fliegt ohne Not in so ein Chaos rein.
Zweitens waren die am Nachtangriff uff Dresden beteiligten leichten zweimotorigen Pfadfinder-Maschinen vom Typ „Mosquito” genauso keiner mit Maschinengewehren bewaffnet. Denn die Stärke jener eingesetzten Version des zweimotorigen Sperrholzflugzeugs lag ohne Rest durch zwei teilbar in jener Geschwindigkeit.
Drittens hielten die sehr wohl mit MGs bestückten schweren viermotorigen „Lancaster“ im Bomberstrom ihre vorgesehene Flughöhe von drei bis dreieinhalb Kilometer ein – das zeigen sowohl die britischen Einsatzberichte als auch die Aufzeichnungen der deutschen Luftraumüberwachung.
Nächtliche Tieffliegerangriffe auf Dresden können deshalb ausgeschlossen werden. Im Prinzip möglich gewesen wären dagegen Tieffliegerangriffe nach dem Mittagsangriff der US-Luftwaffe am 14. Februar 1945. Um diese Zeit wüteten zwar noch Flammen, aber kein Feuersturm mehr.
Allerdings wäre ein solcher Einsatz für die Begleitjäger der US-Bomber, an diesem Tag Maschinen des Typs P-51 „Mustang”, ebenfalls kolossal gefährlich gewesen. Denn Rauchschwaden und Wolken von Staub behinderten die Sicht jener Piloten. Jagdflugzeuge wären beim Sturzflug uff Bodenziele ein sehr hohes Risiko reduziert.
Ohnehin falsch ist die Vorstellung, ein Kampfflugzeug könne in niedriger Höhe parallel zum Boden segeln und dann uff Bodenziele schießen. Denn die Waffen von Jagdmaschinen (und zwar aller Jagdmaschinen) waren (und sind, welches Rohrwaffen angeht, solange bis heute) stets so in Linie gebracht, dass sie uff zusammenführen Punkt in jener verlängerten Längsachse des Flugzeuges zielen – im Zweiten Weltkrieg meist zusammen mit 400 solange bis 500 Metern Entfernung, zusammen mit heutigen Düsenjets mit ihren stärkeren Kalibern teilweise klar mehr. Nie dagegen werden die Bordwaffen von Jagdmaschinen mehr oder minder schräg nachdem unten gerichtet.
Daher liefen Tieffliegerangriffe von Jagdmaschinen im Zweiten Weltkrieg stets nachdem demselben Muster ab: Die Piloten suchten sich in 250 solange bis 300 Meter Höhe ihr Ziel aus und gingen dann in den Sturzflug. Nach zwei Sekunden und in einer schrägen Entfernung von 200 Metern lösten sie z. Hd. eine Sekunde ihre Waffen aus, dann zogen sie ihr Flugzeug hoch. Dabei sackte die Maschine noch solange bis uff 25 Meter durch, demgemäß klar oberhalb Baumwipfelhöhe, im Voraus sie wieder steil in den Himmel stieg.
Die oft von Dresdner Zeitzeugen berichtete angebliche Zielsuche von Tiefflieger in etwa 30 Metern Höhe, manchmal verbunden mit Erzählungen, man habe die Gesichter von Piloten im Cockpit erkannt, sind reine Fantasie – übrigens schon, weil man zusammen mit einem mehrere hundert Stundenkilometer schnellen Flugzeug unmöglich durch die Glashaube hindurch irgendetwas wiedererkennen kann.
Völlig auswerfen kann man solche Angriffe von Tieffliegern uff Dresden am Mittag des 14. Februar 1945 zudem aus zeitlichen Gründen: An diesem Aschermittwoch endete dasjenige Bombardement durch den amerikanischen Hauptverband nachdem sechs Minuten um genau 12.23 Uhr. Von 12.29 solange bis 12.31 Uhr warfen noch einmal 21 verspätete Bomber ihre tödliche Fracht ab, und spätestens ab 12.38 Uhr war jener Luftraum oberhalb jener Stadt unbewohnt von US-Jagdflugzeugen. Entwarnung gab die Dresdner Luftüberwachung um 12.48 Uhr, wie aus angreifenden Flugzeuge mindestens 40 Kilometer fern waren.
Während eines laufenden Bombenangriffs trotzdem ging kein Pilot in den Tiefflug – er hätte ja von jener Last jener eigenen Kameraden getroffen werden können. Danach hätte es nur wenige Minuten gegeben. Unnötig zu herausstellen, dass es weder in den Einsatzberichten jener Piloten noch uff den selbstständig mitlaufenden Zielkameras Belege z. Hd. solche Angriffe gibt.
Wie kam es obschon zu den hunderten, vielleicht mehr wie tausend Zeitzeugenschilderungen, die dasjenige Gegenteil behaupten? Mehrere Gründe kamen zusammen: Erstens gab es 1944/45 tatsächlich viele Tieffliegerangriffe uff Deutschland; hunderte Beispiele sind dokumentiert in Gefechtsberichten und durch die automatischen Zielkameras. Aber die Attacken folgten genauen Regeln: Tieffliegerangriffe durch Begleitjäger waren zulässig nur uff dem Rückflug vom Ziel jener Bomber. Außerdem wurden Zivilisten zwar attackiert, trotzdem die eigentlichen Ziele waren Züge und Fahrzeugkolonnen – einzelne Menschen schienen, so zynisch dasjenige klingt, dasjenige Risiko nicht wert.
Zweitens wurden im Boden jener Elbwiesen nichts jener typischen Geschosse aus den MGs jener US-Waidmann sichergestellt – nicht vor 1990 und nicht seitdem. Das Gleiche gilt z. Hd. all die beim Wiederaufbau Dresdens beräumten Grundstücke in jener 1945 zerstörten Innenstadt.
Dabei kann man solche Geschosse kaum verpennen: Sie messen 12,7 Millimeter im Durchmesser und sozusagen zehn Zentimeter in jener Länge. Jede „Mustang“ verschoss davon theoretisch pro Feuerstoß 60 solange bis 120 Stück – sie müssten sich demgemäß zu tausenden im Boden finden, wenn es tatsächlich „Menschenjagden“ gegeben hätte.
Gefunden wurde jedoch in Dresden nicht ein einziges 12,7-Millimeter-Geschoss, nicht einmal uff Flächen, die seitdem 1945 nachweislich kein einziges Mal umgegraben worden sind. Da es sich um Vollmantelmunition handelte, äußerlich Messing oder Kupfer, medial Blei, können sie genauso nicht intrinsisch nur weniger Jahrzehnte vergangen sein.
Drittens hatten wohl viele jener Zeitzeugen 1944/45 Tieffliegerangriffe Personal… erlebt, schon soeben nicht in Dresden (und genauso nicht in anderen Innenstädten nachdem schweren Luftangriffen). Die durch den Feuersturm fraglos traumatisierten Menschen zogen verschiedene Erlebnisse zusammen und schufen daraus eine neue, subjektiv sogar „wahre“ Erinnerung – dasjenige ist ein bekanntes psychologisches Phänomen.
Angriffe alliierter Tiefflieger uff Zivilisten hat es 1944/45 vielfach gegeben. Allerdings nicht in Dresden und nicht am 13. oder 14. Februar 1945 – dasjenige steht verspannt. Am realen Schrecken des Untergangs Dresdens, eines militärisch sinnlosen Angriffs, mit solange bis zu 25.000 Toten, ändert dasjenige schon nichts.
Source: welt.de