Bleibt Israel gen dem Friedenskurs? Welche Rolle dieser Iran in dieser Frage spielt
Selbst wenn es für Donald Trump (noch) nicht zum Friedensnobelpreis gereicht hat: Seine Nahostpolitik ist klar von anderen Maximen getragen als die seines Vorgängers Joe Biden. Die MAGA-Agenda lässt grüßen und hinterlässt auch hier Wirkung
Ein Friedensabkommen sei sehr nah, flüstert US-Außenminister Marco Rubio am 8. Oktober im Weißen Haus seinem Präsidenten Donald Trump ins Ohr
Foto: Francis Chung/Imago/UPI Photo
Die gesamte Aufmerksamkeit richtet sich gerade auf das mögliche Ende des Gaza-Krieges. Übersehen oder bewusst nicht gesehen wird dabei, dass sich die USA erstmals in der Geschichte ihres nahöstlichen Engagements nicht nur darauf einlassen, sondern aktiv darauf hinwirken, den Kernkonflikt zwischen Israelis und Palästinensern zu internationalisieren. Bisher verstanden sie sich vor allem als „ehrlicher Vermittler“ zwischen beiden Konfliktparteien. Eine Rolle, die davon beeinflusst und erheblich beeinträchtigt war, dass es besondere Beziehung zu Israel und dessen höchst einseitige Unterstützung gab.
Trump will auch in seiner Israel-Politik Ressourcen sparen
Donald Trump hat schon während seiner ersten Amtszeit (2017–2021) mit den von ihm vermittelten Abraham-Verträgen zwischen Israel und einigen arabischen Staaten versucht, die Konfliktregelung zu regionalisieren. Der Gaza-Krieg hat nun erkennen lassen, dass eine solche Politik chancenlos ist, wenn sie den palästinensisch-israelischen Territorialstreit umgeht oder ausklammert.
Demzufolge wird mit Trumps 20-Punkte-Plan derzeit ein Konfliktmanagement angestrebt, das über bilaterale Formate hinausgeht und Verhandlungen sowie einen Prozess zur Konfliktlösung bewusst regionalisiert und damit zugleich internationalisiert. Ein offenkundiger Paradigmenwechsel, der dem außenpolitischen Ansatz der Trump-Administration folgt, das globale Engagement auf die Herausforderung China zu konzentrieren. Ordnungspolitik soll deshalb in einigen Teilen der Welt stärker regionalen Schultern überlassen bleiben.
Das spart Ressourcen – ermutigt oder nötigt lokale Akteure, größere Lasten und Verantwortung als bisher zu tragen, vorrangig in der wirtschaftlich und strategisch wichtigen Nahostregion. Das ändert nichts an der Exklusivität der Beziehungen zwischen Washington und Tel Aviv, aber verändert diese Beziehungen an sich.
Recht eindrücklich war das zu beobachten, als sich Benjamin Netanjahu in Washington quasi vor laufenden Kameras beim Emir von Katar für seinen Militärschlag gegen Hamas-Gesandte und die Souveränität des Golfsstaates entschuldigen musste, die dort zu Verhandlungen erschienen waren. Noch nie ist mit einem israelischen Regierungschef in Washington derart umgegangen worden.
Dass Netanyahu dies geschluckt hat, deutet darauf hin, wie dringlich auch er den politischen Erfolg eines Gaza-Agreements braucht und wie groß der Druck aus dem Oval Office ist, dass es dazu kommt.
Sind die Gaza-Zugeständnisse für Israel ein Freibrief für nächste Angriffe auf den Iran?
Ob Israel auf dem eingeschlagenen Kurs bleibt, wird wesentlich davon abhängen, wie sich die innenpolitischen Kräfte sortieren, sprich: ob die gegenwärtige Regierungskoalition bestehen bleibt oder sich neue politische Allianzen ohne die ultranationalistischen Rechtsausleger finden. Dass die Netanjahu-Regierung über die Phase der Geiselfreilassung hinaus am Ruder bleibt und auf einen „Land für Frieden“-Kurs einschwenkt, ist sehr unwahrscheinlich. Der Prozess wird daher an dieser Stelle entweder abbrechen oder auf andere politische Kräfte übergehen müssen.
In jedem Fall darf man davon ausgehen, dass Netanjahu und Trump bei ihrer Einigung auch über den Iran gesprochen haben. In die erste Phase der israelischen Angriffe auf den Iran (Operation Rising Lion) Mitte Juni hatte sich die Trump-Administration noch mehr oder weniger unwillig hineinziehen lassen.
Dass amerikanische Bomben in Teheran einschlugen, während man gleichzeitig an anderem Ort miteinander in Gesprächen über das Atomprogramm war, hat die US-Position in der Region alles andere als gestärkt. Auch, weil Washington in dieser Situation wenig souverän wirkte und als getriebener Akteur erkennbar war.
Sollte es zu einer Neuauflage einer militärischen Konfrontation mit dem Iran kommen, ist nicht auszuschließen, dass sich der Akteur Israel diesmal von Anfang an eines US-Beistands sicher sein kann. An der strategischen Neuausrichtung der amerikanischen Nahostpolitik wird das freilich nichts ändern. Washington will und kann die Region nicht links liegen lassen. Aber der Blick auf die hier geltenden Interessen wird zusehends mehr vom geostrategischen Wettbewerb mit China geschärft sein. Das muss für den israelisch-palästinensischen Konflikt nicht von Nachteil sein. Es kann weitere Lösungskorridore eröffnen. Für Teheran hingegen heißt es, sich auf harte Zeiten einstellen zu müssen.