Blackrocks Retirade: Klimaallianzen an den Kapitalmärkten schrumpfen

Politischer Druck von republikanischen Politikern und Ermittlungen von Staatsanwälten aus republikanischen Bundesstaaten in den USA haben den Fondsmanager Blackrock bewogen, die „Net Zero Asset Managers Initiative“ zu verlassen. Die Mitgliedschaft in der Gruppe „führte zu Verwirrung hinsichtlich der Praktiken von Blackrock und zog rechtliche Anfragen nach sich“, heißt es in einem Schreiben des Investors an seine Kunden. Der Ausstieg von Blackrock ist so bedeutend, weil er als größter Geldanleger der Welt mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 10 Billionen Dollar einer der Vorreiter bei ESG-Investitionen war, die einen Schwerpunkt auf ökologische und soziale Aspekte sowie gute Unternehmensführung legen.

Der Vorstandsvorsitzende von Blackrock, Larry Fink, und andere Führungskräfte hatten wiederholt dafür geworben, mit Anlageentscheidungen Unternehmen dazu zu bewegen, ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Viel Beachtung fand etwa die Aussage in Finks jährlichem Brief an Vorstandschefs aus dem Jahr 2021, die gesamte Wirtschaft werde von der Transformation berührt. „Es gibt kein Unternehmen, dessen Geschäftsmodell nicht tiefgründig von der Transition zu einer Netto-Null-Wirtschaft berührt wäre“, schrieb er damals.

Die „Net Zero Asset Managers Initiative“ unterstützt das Ziel der Klimaneutralität bis 2050. Blackrock folgt mit seinem Rückzug dem Vorbild sämtlicher großer Wall-Street-Banken, die binnen eines Monats die Klimaallianz für Banken verlassen haben. Republikanische Politiker haben Blackrock schon länger im Visier. Sie werfen dem Unternehmen „woke“ Politik und Anlageentscheidungen vor. Der Trump-Vertraute und Kongressabgeordnete Jim Jordan untersucht als Vorsitzender des Justizausschusses im Repräsentantenhaus seit 2023 die Aktivitäten großer Geldanleger, die er verdächtigt, ein „wokes ESG-Kartell“ gebildet zu haben. Die Abkürzung ESG steht für „Environmental, Social and Governance“.

Justizausschuss verlangte von Vermögensverwaltern Offenlegung

Kürzlich bekamen sechzig Unternehmen inklusive der Schwergewichte der Finanzwelt Blackrock, State Street und J.P. Morgan Asset Management Briefe vom Justizausschuss, in denen sie aufgefordert wurden, Informationen über ihre Beteiligung an der Initiative „Net Zero Asset Managers“ offenzulegen. Zuvor hatte der Ausschuss in einem Bericht von vergangenem Dezember den Schluss nahegelegt, dass die Fondsmanager mit ihrer Mitwirkung an der Klimainitiative gegen US-Kartellrecht verstoßen könnten. Die Republikaner argumentieren, dass die ESG-Strategien vom Ziel der Maximierung der Aktionärsrenditen ablenken und gleichzeitig den Unternehmen unangemessene Beschränkungen auferlegen.

Die globalen Selbstverpflichtungsinitiativen dokumentieren das gemeinsame Ziel der Finanzdienstleister, ihren Beitrag zur Klimaneutralität zu leisten. Fondsgesellschaften können das etwa durch ihr Abstimmungsverhalten auf Hauptversammlungen von Unternehmen unterstreichen. Banken geben mit der Mitgliedschaft ein Bekenntnis dazu ab, über ihre Kreditvergabe Einfluss auf die Transitionspläne ihrer Firmenkunden zu nehmen. In Europa ergänzen diese Initiativen die schärfere Bewertung von Nachhaltigkeitsrisiken durch die Europäische Zentralbank und Vorgaben zur Geschäftspolitik durch die Europäische Bankenaufsicht, die es so in den Vereinigten Staaten nicht gibt.

Druck kommt dort auch von der Justiz: Konservative Staatsanwälte haben in verschiedenen Bundesstaaten Klagen gegen Blackrock angestrengt. Unter Führung des texanischen Staatsanwalts Ken Paxton verklagten zehn Bundesstaaten Blackrock und die großen Wettbewerber Vanguard und State Street, weil sie angeblich gegen das Kartellrecht verstoßen haben, indem sie durch ihre Anlagepolitik Strompreise in die Höhe getrieben und die Stromgewinnung aus Kohleverbrennung erschwert haben.

Pensionsfonds haben einen großen Hebel auf Geldströme

Ende 2022 hatte Floridas republikanischer Gouverneur Ron DeSantis angedroht, Blackrock die Verwaltung von Beamtenpensionen zu entziehen, wenn das Unternehmen die Anlageentscheidung von ESG-Kriterien abhängig mache. In verschiedenen Bundesstaaten sind entsprechende Gesetze in Arbeit oder sogar verabschiedet.

Blackrock vollzieht nach, was große Wall-Street-Banken vormachen. Die „Net Zero Banking Alliance“ hatte vergangenen Monat den nahezu kompletten Exodus der großen amerikanischen Institute erlebt. Seit Anfang Dezember haben Goldman Sachs, Wells Fargo, Citigroup, Bank of America, Morgan Stanley und J.P. Morgan Chase das internationale Klimabündnis der Kreditgeber verlassen, das auf Anfrage dieser Zeitung noch keine Stellungnahme abgeben wollte.

Der Rückzug der Banken geschah offenbar ebenfalls in Reaktion auf wachsenden politischen Druck. Erste Folgen zeigen sich schon: Die im Raum stehende Drohung aus Texas, auf dem Gerichtswege Banken mit ESG-Agenda aus dem Geschäft mit Kommunalanleihen auszuschließen, hat der Generalstaatsanwalt Paxton zurückgenommen.

In der europäischen Fondsbranche ist eine gewisse Ratlosigkeit zu spüren, was der Ausstieg von Blackrock aus dem Bündnis für den Wettbewerb mit US-Konkurrenten und für die Haltung zur künftigen Regulierung der Finanzmärkte heißen wird. Auf dem Kontinent und sogar in Großbritannien befürworten Fondsgesellschaften mehrheitlich, dass Klimarisiken stärker Beachtung finden. Zunächst müsse man sich auf die Aussage von Blackrock verlassen, das Geschäftsgebaren nicht ändern zu wollen. Doch die Leidenschaft für das Thema war bei Larry Fink zuletzt geschwunden: In seinem jüngsten Jahresbrief kam „Nachhaltigkeit“ gerade noch dreimal vor.