Bitcoin denn Notenbankreserve?

Die tschechische Notenbank wird nun wohl doch nicht die erste Zentralbank eines westlichen Landes werden, die auf Bitcoin als Reserve setzt, wie es Gouverneur Aleš Michl im Januar dieses Jahres ins Gespräch gebracht hatte. „Ich glaube nicht, dass Bitcoin ideal ist“, sagte nun die stellvertretende Notenbankgouverneurin Eva Zamrazilová in Prag. Allerdings müsse man der Kryptowährung „in gewisser Weise Aufmerksamkeit schenken“, weil sie ein globales Phänomen sei, wie andere Anlageklassen auch, sagte die Ökonomin im tschechischen Fernsehen.
Voraussichtlich im August oder September werde die von der Zentralbank beschlossene Analyse potentieller Anlageklassen für die Devisenreserven abgeschlossen sein. In dem Beschluss dazu selbst ist indes von Bitcoin explizit keine Rede mehr. Vielmehr heißt es dort, auf Vorschlag von Gouverneur Michl werde geprüft, „ob es im Hinblick auf Diversifizierung und Rendite angemessen wäre, die internationalen Reserven um Investitionen in anderen Anlageklassen zu erweitern“.
Neben Kryptowährungen gehe es auch um die Frage, inwieweit Unternehmensanleihen, Immobilienfonds und andere Fonds infrage kämen, sagte Zamrazilová, die die Debatte als einen „Sturm im Wasserglas“ apostrophierte. Die Prager Notenbank hat in der Tschechischen Republik auch die Aufsicht über Kryptowährungen inne.
Bitcoin im Wert von sieben Milliarden Euro
Michl hatte im Januar mehrfach von Investitionen in Bitcoin gesprochen. Zur Diversifizierung der Reserven sei die Kryptowährung gut geeignet. Der „Financial Times“ hatte er gesagt, die Zustimmung des Zentralbankrates vorausgesetzt, könne man bis zu fünf Prozent der Reserven in Bitcoin anlegen. Das wären, bezogen auf die Reserven von 140 Milliarden Euro, sieben Milliarden Euro – ebenso viele Reserven will er bis zum Ende seiner Amtszeit 2028 in Gold angelegt haben.
Der Bitcoin-Kurs ist binnen Jahresfrist um 113 Prozent gestiegen. Michl hatte in dem Gespräch auch noch angemerkt, Bitcoin würde wegen der Unterstützung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump tendenziell wohl weiter an Stärke gewinnen. Wenig später wollte er seinen Vorschlag nur noch als Anstoß zu einer Debatte verstanden wissen.
Da hatte es schon Kritik gehagelt, gilt Bitcoin doch nicht nur als Spekulationsobjekt, sondern wegen seiner Anonymität auch als ein von Gesetzesbrechern bevorzugtes Zahlungsmittel. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) Christine Lagarde ließ wissen, sie habe mit Michl über seine Ideen gesprochen und sie sei „sicher, dass er wie wir alle von der Notwendigkeit liquider und sicherer Reserven überzeugt ist“. Dass das gerade bei Bitcoin nicht der Fall sei, hatte schon vorher Bundesbankpräsident Joachim Nagel zu Protokoll gegeben. Der Finanzminister der Tschechischen Republik, Zbyněk Stanjura, äußerte sich ebenfalls ablehnend, wie auch Michls Vorgänger Jiří Rusnok.
Der Prager Präsidentenberater und Ökonom beim Beratungsunternehmen Deloitte, David Marek, spottete auf der Plattform X über einen „schönen dritten Platz“, wenn die Tschechische Republik einen Teil ihrer Devisenreserven in Bitcoin investiere: „Gleich nach El Salvador und Bhutan.“
Source: faz.net