Birgit Malsack-Winkemann: Inhaftierte Richterin aus »Reichsbürger«-Szene des Dienstes enthoben

Birgit Malsack-Winkemann im Oktober 2022 im Verwaltungsgericht Berlin: Darf erst mal nicht mehr als Richterin tätig sein
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Die bei einer Großrazzia gegen die »Reichsbürger«-Szene inhaftierte Berliner Juristin Birgit Malsack-Winkemann darf vorerst nicht weiter als Richterin tätig sein. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem dienstgerichtlichen Verfahren entschieden, wie eine Sprecherin mitteilte. Zudem werden der Richterin die monatlichen Dienstbezüge um 50 Prozent gekürzt.
Das Gericht folgte damit einem entsprechenden Antrag der Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung. Gegen den Beschluss sei innerhalb von zwei Wochen eine Beschwerde beim Dienstgerichtshof am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg möglich, hieß es.
Malsack-Winkemann war vergangenen Dezember bei der Großrazzia verhaftet worden und befindet sich in Untersuchungshaft. Von 2017 bis 2021 saß sie für die AfD im Bundestag , im März 2022 kehrte sie in den Richterdienst zurück.
Fall einer Schöffin in Erfurt: besonders grober Verstoß gegen das Mäßigungsgebot
Derweil ist auch eine Laienrichterin in Erfurt, die zu den Aktivisten der Coronaproteste gehört und im vergangenen November eine rechte Demo vor dem Landtag angemeldet haben soll, ihres Amtes enthoben worden. Das entschied das Thüringer Oberlandesgericht in Jena nach eigenen Angaben. Der 1. Strafsenat sah bei der Schöffin einen besonders groben Verstoß gegen das auch für ehrenamtliche Richter geltende Mäßigungsgebot. Da deswegen bereits die Enthebung aus dem Schöffenamt unumgänglich gewesen sei, wurde über die Frage der besonderen Verfassungstreue der Schöffin nicht entschieden.
Das Mäßigungsgebot verlangt von Richtern wie Laienrichtern, alles zu unterlassen, was nach außen den Eindruck der Voreingenommenheit oder Unsachlichkeit entstehen lassen kann. Ein Richter dürfe sich zwar politisch betätigen, müsse dabei aber stets das Mäßigungsgebot beachten, hieß es. Das erhebliche politische Engagement der Schöffin in der Öffentlichkeit, über das auch ausführlich in der Presse berichtet wurde, war nach Ansicht des Gerichts auf eine breite Außenwirkung angelegt. Es habe stark umstrittene Fragen nach dem Umgang mit der Pandemie sowie nach dem darauf bezogenen Handeln des Gesetzgebers betroffen.
Würde die Schöffin ihr Amt weiter ausüben, könnte es zu zahlreichen Berührungspunkten zwischen ihrem politischen Engagement und Verfahren mit Bezug zur Pandemie kommen. »Aus objektiver Sicht von Verfahrensbeteiligten ist daher bei der Schöffin in Anbetracht ihrer Aktivitäten die Unparteilichkeit eines Richters nicht mehr gewährleistet«, hieß es in der Mitteilung. Die Schöffin kann gegen den Beschluss noch Rechtsmittel einlegen.
Das Landgericht hatte wegen Zweifeln an der Eignung der ehrenamtlichen Richterin einen Prozess gegen mutmaßliche Schleuser Mitte Januar ausgesetzt und den Fall der Schöffin zur Prüfung an das Oberlandesgericht gegeben.