Berliner Polizei bereitet sich mit einem dreistufigen Plan auf einen möglichen „Blackout“
Fällt die Energieversorgung aus, bricht auch die Infrastruktur zusammen. Berlin wäre dunkel. Innerhalb kürzester Zeit würde sich die Sicherheitslage dramatisch verschlechtern. Die Wahrscheinlichkeit für Plünderungen und Unruhen würde steigen. Genau für dieses Blackout-Szenario bereitet die Berliner Polizei nach Informationen von WELT gerade ein vertrauliches Einsatzpapier vor.
In diesem Konzept, das von der Landespolizeidirektion und dem Landeskriminalamt erarbeitet wird, werden Vorbereitungen für drei Stufen getroffen: Verteuerung, Verknappung und Ausfall der Energieversorgung.
Für die einzelnen Szenarien werden Prognosen abgegeben, wie sich die Kriminalitätslage entwickeln könnte und wie sich die Bevölkerung verhält. Die erste Stufe (Verteuerung) sieht die Polizei dabei bereits als gegeben an: In der Folge steige auch die Wahrscheinlichkeit von Demonstrationen und Aufmärschen.
Auch eine Verknappung bei der Energieversorgung gilt als wahrscheinliches Szenario. In dieser zweiten Stufe würden Strom und Gas rationiert. Es wäre dann nicht mehr möglich, rund um die Uhr zu heizen oder zu kochen. Bei der dritten Stufe käme es zum Blackout. Plünderungen und Unruhen wären dann wahrscheinlich.
Nach Informationen dieser Zeitung laufen polizeiintern bereits Abfragen bei den Liegenschaft der Polizei, ob Notstromaggregate vorhanden sind. Auch im Fall einer schwierigen Versorgungslage muss die Polizei handlungsfähig bleiben. Die Behörde hält deshalb Satelliten-Handys und gefüllte Treibstofftanks vor.
Ein Sprecher der Berliner Polizei sagte: „Als Mitverantwortliche für die Sicherheit in der Hauptstadt ist es für die Polizei Berlin selbstverständlich, sicherheitsrelevante Szenarien vorzudenken und deren Bewältigung zu planen sowie vorzubereiten“.
Ziel sei es, in einem möglichen Ernstfall schnell und wirkungsvoll zum Schutz der Bevölkerung handeln zu können. „Die Polizei Berlin fokussiert sich hierbei auf die Wahrscheinlichkeit des Eintretens bestimmter Reaktionen“, so der Polizeisprecher weiter. Dabei arbeite man eng mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Energie zusammen. Noch ist das Papier ein Entwurf. Es soll aber bereits Ende dieses Monats an die einzelnen Dienststellen verschickt werden.
Dass die Polizei solche Konzepte in der Schublade hat, ist nicht ungewöhnlich. Ähnliche Anleitungen gibt es für „Lebensbedrohliche Einsatzlagen“, Anschläge und Geiselnahmen, aber eben auch für eine Pandemie-Lage, größere Stromausfälle und möglichen Einschränkungen der Energieversorgung.
Zuletzt wurde eines dieser speziellen Einsatzkonzepte bei der Amokfahrt in der Nähe des Breitscheidplatzes aktiviert. Kurz nach der Tat wurde „Phase 1“ ausgerufen. Sie diente der Gefahrenabwehr. Alle verfügbaren Kräfte wurden herangezogen, eine Befehlsstelle eingerichtet, Funkkanäle freigehalten und eine besondere Aufbauorganisation geschaffen (BAO). Kurz danach wurde „Phase 2“ aktiviert. Spezialisierte Teams kümmerten sich um die Spurensicherung und Ausleuchtung des Täterumfeldes. Was relativ selbstverständlich klingt, ist bei großen Lagen oft schwierig. Klare Befehlsketten und schlanke Strukturen können im Ernstfall über Leben und Tod entscheiden.
Die Einsatzplanungen „Blackout“ der Polizei gehen einher mit Warnungen der Kommunen, die zuletzt immer deutlicher wurden. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), Gerd Landsberg, sagte dieser Zeitung kürzlich: „Die Gefahr eines Blackouts ist gegeben“. Realistische Szenarien seien sowohl feindliche Hackerangriffe als auch „eine Überlastung des Stromnetzes. Für den Fall eines Blackouts sieht Landsberg Deutschland nicht genügend gerüstet. Den Bürgern empfehle er, sich auf so ein Szenario vorzubereiten und für 14 Tage Wasser und Lebensmittel im Haus zu haben.
Zuletzt hatte ein von der Bundesregierung beauftragter Stresstest bei vier Übertragungsnetzbetreibern die Befürchtungen eines Blackouts weiter verschärft. Die Stabilität des Stromnetzes sei unter ungünstigen Umständen möglicherweise nicht mehr gewährleistet.