Bei der Wahl im Land Bremen ist die SPD stärkste Kraft geworden

Laut der amtlichen Hochrechnung der Landeswahlleitung mit Stand 0.30 Uhr liegen die seit fast 80 Jahren regierenden Sozialdemokraten von Bürgermeister Andreas Bovenschulte mit 29,9 Prozent vor der bislang oppositionellen CDU mit 25,7 Prozent.

Bürgermeister Andreas Bovenschulte, Spitzenkandidat der SPD in Bremen, kündigte Koalitionsgespräche mit mehreren Parteien an
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„Was für ein Tag, was für ein Ergebnis“, sagte Bovenschulte am Sonntagabend in der ARD. „Die Nummer eins in Bremen – das sind wir!“ Er kündigte an, mit allen demokratischen Parteien Sondierungsgespräche führen zu wollen. Die SPD werde schauen, „wo es die größten inhaltlichen Überschneidungen“ gebe, sagte der 57-Jährige. Er schloss eine Fortsetzung der bisherigen Koalition mit Grünen und Linkspartei nicht aus. Die bisherige Regierung habe gut zusammengearbeitet. Er betonte aber zugleich, die SPD werde „auch mit der CDU sprechen“.

Herbe Einbußen verzeichnen die mit der SPD regierenden Grünen, die demnach im Zwei-Städte-Land Bremen und Bremerhaven auf 11,7 Prozent kommen. Die Linkspartei als dritter Koalitionspartner erreicht im Landesparlament, das dort Bürgerschaft heißt, etwa 11,2 Prozent.

Die lokale rechtspopulistische Bewegung Bürger in Wut (BIW) verbessert sich sehr stark auf 9,6 Prozent. Sie profitiert davon, dass die AfD wegen interner konkurrierender Kandidatenlisten nicht zur Wahl zugelassen wurde. In Bremerhaven sehen die Prognosen die Wählervereinigung sogar auf 21,5 Prozent und damit auf Platz drei hinter SPD (27,0) und CDU (23,5).

Die FDP schaffte mit bei 5,2 Prozent knapp den Wiedereinzug in die Bürgerschaft. Die Liberalen waren bereits früh davon überzeugt gewesen, die Hürde zu nehmen.

Grüne vermissen Rückenwind aus Berlin
Vor vier Jahren waren die Sozialdemokraten in Bremen noch auf ein historisch schlechtes Ergebnis gekommen und hinter der CDU gelandet. Regieren konnte sie nur, weil sie als zweitplatzierte Partei ein Bündnis mit Grünen und Linken schmiedete. Dass die SPD nun wieder stärkste Kraft ist, dürfte sie auch dem 57-jährigen Bovenschulte zu verdanken haben, dem Spitzenkandidaten, der sich seit seinem Amtsantritt im Jahr 2019 ein Image als souveräner Landesvater aufgebaut hat.

Deutliche Verluste mussten die Grünen hinnehmen. Beobachter hatten die Wahl zum Stimmungstest für die Partei erklärt. Auf Bundesebene steht sie derzeit wegen des Heizungsgesetzes von Wirtschaftsminister Robert Habeck in der Kritik. Auch die Trauzeugen-Affäre um dessen Staatssekretär Patrick Graichen setzt die Grünen unter Druck. Entsprechend schwer hatte es die Bremer Spitzenkandidatin und Umweltsenatorin Maike Schaefer im Wahlkampf.

Schaefer machte bei der Wahlparty der Grünen auch das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD-Kandidat Bovenschulte und CDU-Herausforderer Imhoff für das schwache Ergebnis verantwortlich „Es ist immer schwer, wenn es so ein Windhundrennen gibt, als kleinere Partei da wirklich mitzuhalten und zu sagen: Uns gibt es auch noch.“ Zudem habe auch der fehlende Rückenwind aus Berlin bei der Wahl nicht geholfen.

Die AfD hatte sich schon im Vorfeld zum Wahlverlierer gemacht. In Bremen existieren zwei konkurrierende Gruppen der Partei: ein sogenannter Rumpfvorstand um Landesvize Sergej Minich und ein sogenannter Notvorstand um den früheren Bundestagsabgeordneten Frank Magnitz. Weil sich die Rivalen nicht auf eine Kandidatenliste einigen konnten, wurde die AfD von der Wahl ganz ausgeschlossen.

Davon profitierte die Wählervereinigung BiW, die laut Bundeszentrale für politische Bildung rechtspopulistische und wirtschaftsliberale Positionen vertritt. Bei der Wahl im Jahr 2019 hatte die Partei 2,4 Prozent erreicht und kam nur deshalb in die Bürgerschaft, weil sie in Bremerhaven die Fünfprozenthürde übersprang. Bislang waren die BiW mit zwei Abgeordneten im Landesparlament vertreten.

Die SPD erhält laut Hochrechnungen von ARD und ZDF 28 Sitze in der Bürgerschaft. Die CDU kommt auf 24 bis 25 Sitze und die Grünen auf 10 bis 11 Sitze. Die Linke bekommt 10 Mandate, die FDP 5 und die BiW 9 Sitze. Damit wäre eine Fortsetzung von Rot-Grün-Rot möglich, die im Vorfeld der Wahl als wahrscheinlich galt. Auch eine große Koalition hätte aber eine Mehrheit.

Lange Auszählung durch kompliziertes Wahlsystem
Die Hochrechnung auf Basis der ausgezählten Stimmen bis 0.30 Uhr sei repräsentativ und die letzte, die in der Nacht zum Montag veröffentlicht werde, sagte eine Sprecherin der Landeswahlleitung. Mit einem vorläufigen amtlichen Endergebnis wird am Mittwoch gerechnet – die Auszählung ist wegen des komplizierten Bremer Wahlsystems langwierig. Bei der Stimmabgabe konnten Wähler bis zu fünf Kreuzchen machen.

Bei der Bürgerschaftswahl durften mehr als 462.000 Menschen abstimmen. In dem Doppelstadtstaat aus Bremen und Bremerhaven wird das Landesparlament anders als in den anderen Bundesländern alle vier Jahre gewählt.

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