Auszahlung aus Coronafonds stockt

Der im Juli 2020 beschlossene Coronaaufbaufonds der EU sollte eine schnelle Erholung der europäischen Wirtschaft nach der durch die Pandemie ausgelösten Krise sicherstellen. Mehr als drei Jahre nach Programmbeginn im Februar 2021 tun sich die Mitgliedstaaten aber nach wie vor schwer, das Geld abzurufen. Das geht aus einem am Montag veröffe­ntlichten Bericht des Europäischen Rechnungshofs hervor. Die EU-Staaten würden es möglicherweise nicht schaffen, ihre Mittel rechtzeitig bis zum Ende der Laufzeit des Fonds Mitte 2026 auszuschöpfen, sagte Ivana Maletić, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Rechnungshofs. Mit dem Zeitdruck wachse das Risiko, dass Mittel fehlerhaft eingesetzt würden oder Projekte unvollständig blieben.

Nach Angaben des Rechnungshofs hatten die Mitgliedstaaten bis Ende 2023 erst 213 Milliarden Euro der insgesamt für den Coronafonds vorgesehenen 723,8 Milliarden Euro an Zuschüssen und Krediten erhalten. Das entspricht 29 Prozent. Sieben Staaten hatten zu diesem ­Zeitpunkt jenseits der zu Beginn pauschal ausgezahlten Vorfinanzierung von 13 Prozent der Gesamtmittel gar kein Geld erhalten. Selbst das abgerufene Geld sei aber nur zum Teil bei den Endempfängern wie Privatunternehmen, öffentliche Energieunternehmen oder Schulen angekommen. Bei den 15 Staaten, die Angaben dazu machten, habe der Anteil bei 50 Prozent gelegen.

Keine ausreichende Zahl an Projekten

Am schwersten mit dem Abruf des Geldes täten sich die Staaten, die Mittel von mehr als 3 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung aus dem Fonds erhielten, sagte Maletić. Das sind etwa Spanien, Italien, Polen, die Slowakei oder Griechenland. Die Verwaltung dieser Staaten sei nicht auf die relativ große Zahl an Projekten eingestellt. Zudem fänden sie oft gar nicht ausreichend geeignete Projekte, betonten die Prüfer. Das gelte umso mehr, da diese Staaten meist auch noch viel Geld aus Strukturfonds der EU erhielten, die für ganz ähnliche Projekte gedacht seien.

Der Coronafonds war ursprünglich vor allem darauf ausgerichtet, die grüne und digitale Wende der EU zu fördern. Nach der durch den russischen Einmarsch in der Ukraine ausgelösten Energiekrise kam die Entkoppelung von der russischen Energieversorgung als neues Ziel hinzu. Diese Neuausrichtung ist ein Grund, warum sich die Mittelvergabe ganz grundsätzlich verzögert hat.

Rückstau wird immer größer

Als weitere Gründe nennt der Rechnungshof die Inflation und die Lieferengpässe. Sie hätten die Staaten gezwungen, ihre Coronafondsprogramme neu auszurichten. Das Problem sei, dass es den Staaten nicht gelinge, den Rückstau abzubauen. Seit dem Ende des Berichtszeitraum im Dezember 2023 habe sich die Zahl der verspätet abgerufenen Mittel sogar weiter erhöht.

Die Europäische Kommission zeigte sich hingegen zuversichtlich, dass die Staaten schon in diesem Jahr spürbare Fortschritte beim Abrufen des Geldes machen. Stand Montag hätten die Staaten 265 Milliarden Euro abgerufen. „Wir gehen davon aus, dass wir bis Ende 2024 in der Lage sein werden, weit über 300 Milliarden Euro auszuzahlen, was etwa 50 Prozent der gesamten Mittelausstattung der Sonderfinanzierungsfazilität entsprechen würde“, teilte sie mit.

Projekte könnten unvollendet bleiben

Maletić warnte, dass die EU erhebliche Mittel an Staaten auszahlen könnte, ohne dass diese die damit finanzierten Projekte auch abschlössen, weil die Zeit zu knapp werde. Das liegt an der Struktur des Aufbaufonds. Anders als bei aus dem normalen Haushalt geförderten Projekten erstattet die EU nicht im Nachhinein die Kosten. Sie überweist Geld, sobald ein Mitgliedstaat vorab vereinbarte Reformen sowie einzelne Etappen der Förderprojekte vollendet hat. Ein großer Teil des Geldes fließt in der frühen Phase der Projekte, etwa wenn erste konkrete Entwürfe dafür vorliegen. Es ist nicht vorgesehen, dass Geld zurückgefordert wird, wenn ein Staat die letzte Etappe nicht beendet, also ein Projekt nicht abschließt.

Der Rechnungshof hatte dieses Verfahren schon in der Vergangenheit kritisiert, weil es die Kontrolle der Ausgaben aus dem Coronafonds erschwert. Um zu verhindern, dass Förderprojekte nach dem Auslaufen des Fonds nicht abgeschlossen würden, gebe es zwei Wege, sagte Maletić. Die EU müsse entweder die Laufzeit des Fonds über 2026 hinaus verlängern, sprich den Staaten mehr Zeit geben, oder doch noch ermöglichen, Geld für unvollständige Projekte zurückzufordern.