Ausverkaufskurse an der Börse: Rettet Vonovia & Co.

Wenn die Vonovia-Aktien nicht schon zu 90 Prozent in der Hand ausländischer Aktionäre wären, müsste man sich fast schon Sorgen machen, dass das Schicksal Hunderttausender Wohnungen in Deutschland bald von einem Übernehmer aus dem Ausland bestimmt werden könnte, einer Heuschrecke gar. Aber für das Schicksal der Wohnungen haben sich weder die deutschen Kommunen noch die deutschen Anleger bislang in größerer Zahl interessiert. Ihnen sind damit viele Jahre der Preis- und Mietsteigerungen und üppige Dividenden entgangen. Aber auch ein abenteuerlicher Kurssturz in den vergangenen eineinhalb Jahren.
Vonovia, TAG Immobilien und LEG Immobilien sind derzeit zu Ausverkaufspreisen zu haben. Es wäre verwunderlich, wenn das nicht ein Übernehmer für einen Einstieg oder eine Komplettübernahme nutzen würde. Denn am grundlegenden Geschäftserfolg hat sich nichts geändert. Milliarden an Mieteinnahmen fließen jährlich mit hoher Zuverlässigkeit auf die Konten der Vermietungskonzerne. Eine teurere Finanzierung durch gestiegene Zinsen schmälert zwar die Renditen. Und horrende Baukosten und immer neue Auflagen des Staates verleiden den Neubau. Der Kern des Geschäftsmodells funktioniert dennoch mit einer Verlässlichkeit, die viele Anleger suchen.
Bisher sind der norwegische Staatsfonds, der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock und der niederländische Pensionsfonds APG die größten Vonovia-Aktionäre. Nun rufen erste Gewerkschaften, der deutsche Staat müsste die Sache in die Hand nehmen und die billigen Aktien kaufen. Woher sie die Gewissheit nehmen, dass er der bessere Immobilienmanager wäre, bleibt unklar.
Die börsennotierten Konzerne machen ihre Sache bisher gut, nicht nur zum Wohle der Aktionäre, auch der Mieter und Kommunen. Ihr nüchterner Blick auf die vielen staatlichen Eingriffe am Immobilienmarkt ist zudem hilfreich, um zu erkennen, dass Bauen nur noch für Luxuswohnungen wirtschaftlich ist, nicht aber für weite Teile der Bevölkerung. Das sollte man nicht schulterzuckend hinnehmen. Das ist gesellschaftspolitisch höchst bedenklich. Bisher ist der Staat den Beweis schuldig geblieben, dass er diese selbstverschuldete Lücke adäquat schließen kann.
Source: faz.net