Arbeitsmarkt: Mehr ukrainische Flüchtlinge nehmen Arbeit uff
Etwa ein Jahr nach Start des sogenannten Jobturbos der Bundesregierung sieht die Bundesagentur für Arbeit (BA) Fortschritte bei der Arbeitsmarktintegration von Ukrainern. „Mit dem Jobturbo haben wir einen Schritt nach vorne gemacht“, sagte BA-Vorstand Daniel Terzenbach dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (PDF) lebten laut Ausländerzentralregister Ende August 2024 1,3 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland. Die große Mehrheit sind Kriegsflüchtlinge. Von den geflüchteten Ukrainern sind nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit, aus denen die Bundesregierung im Oktober zitierte,
768.000 im
erwerbsfähigen Alter.
Von diesen knapp 770.000 Ukrainern im erwerbsfähigen Alter haben nach neuen BA-Daten im Vergleich zum Vorjahr mehr einen Job angenommen. Im August 2023 – damals lag die Zahl aller Ukrainer in Deutschland noch bei 1,2 Millionen – zählte die Behörde noch 197.660 Ukrainer in Arbeit, ein Jahr später waren insgesamt 272.400 Ukrainer in geringfügigen und sozialversicherungspflichtigen Jobs.
„Jobturbo“ sollte 200.000 Ukrainer in Jobs bringen
Auch die monatliche Zahl von Ukrainern, die aus der Arbeitslosigkeit in
Jobs auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt gewechselt sind, ist
demnach gestiegen. 2023 zählte die BA insgesamt 36.661 Abgänge
ukrainischer Staatsangehöriger in den Arbeitsmarkt. 2024 (bis
einschließlich Oktober) waren es 62.810 Abgänge. Darunter fallen auch
(außer-)betriebliche Ausbildungen und Selbstständigkeit.
Mit diesem Anstieg von bislang insgesamt etwa 137.000 Arbeitsaufnahmen im Jahr 2024 zeichnet sich ein geringerer Anstieg ab, als sich die Bundesregierung von ihrem sogenannten Jobturbo-Programm für ukrainische Flüchtlinge vorgenommen hatte. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hatte vor einem Jahr angekündigt, mit dem Programm sollten im Jahr 2024 200.000 Ukrainer direkt in einen Job vermittelt und 500 Millionen Euro gespart werden.
„Es ist heute viel wahrscheinlicher, dass Ukrainerinnen und Ukrainer in
Arbeit kommen als vor dem Jobturbo“, sagte BA-Vorstand Terzenbach, der auch
Sonderbeauftragter für die Arbeitsmarktintegration Geflüchteter war. „Aber es gibt auch noch Luft nach oben.“
Streit über Bürgergeld für Ukraine-Flüchtlinge
Nach Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) vom August liegt Deutschland bei der Beschäftigungsquote geflüchteter Ukrainer
im europäischen Mittelfeld: 27 Prozent von ihnen gingen demnach einer Arbeit
nach. Am höchsten sei die Quote in Litauen, Dänemark und Polen mit
jeweils 57, 53 und 48 Prozent. Finnland, Norwegen und Spanien
verzeichnen hingegen niedrige Quoten unter 20 Prozent, in Rumänien
arbeiten demnach nur sieben Prozent der Geflüchteten.
Die große Mehrheit der in Deutschland lebenden ukrainischen Flüchtlinge bekommt Bürgergeld. Darüber gab es in der Politik immer wieder Streit. Heil hatte damals gesagt, es sei „an der Zeit, eine Arbeit aufzunehmen“, das Bürgergeld kein „bedingungsloses
Grundeinkommen“.
Im Sommer, vor den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, kam die Diskussion erneut auf. Die damals noch im Bund mitregierende FDP und die größte Oppositionsfraktion Union hatten gefordert, geflüchteten Ukrainern statt Bürgergeld geringere Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu zahlen.
Aber auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke von der SPD hatte das Bürgergeld für ukrainische Flüchtlinge infrage gestellt. Sein Innenminister Michael Stübgen (CDU) argumentierte, das Bürgergeld sei zum „Bremsschuh für die Arbeitsaufnahme“ geworden. Die Bundesregierung wies die Kürzungsforderungen damals zurück.
Die Autoren der IAB-Studie vom Sommer sehen das Bürgergeld nicht als entscheidenden Grund, der ukrainische Flüchtlinge an einer Arbeitsaufnahme hindere. Vielmehr seien unter anderem Fragen, wie stark der Arbeitsmarkt reguliert ist, und der Zugang zu Kinderbetreuung und Gesundheitsversorgung entscheidende Faktoren. Die große Mehrheit der ukrainischen Kriegsflüchtlinge sind Frauen und Kinder.