Antje Vollmer: Pfeile von allen Seiten

Mein letzter Ausflug mit
Antje Vollmer ging zu einem russisch-orthodoxen Kloster in der Uckermark. Es
war an einem diesigen Herbsttag des vergangenen Jahres. Antje Vollmer bat mich, mit
ihr zur kommen. Sie wollte ein kleines Zeichen setzen gegen das Verstummen des
Gesprächs mit Russland, ein Zeichen, das ihr noch in ihrer zunehmenden Schwäche
möglich blieb. 

Sie trauerte um das Ende des zivilgesellschaftlichen Dialoges
mit Russland, um den Verlust vieler Mitstreiter, mit denen sie noch am
5. Dezember 2014, nach der Annexion der Krim durch Russland, einen Aufruf in der ZEIT
veröffentlicht hatte: „Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!“ Darin
stand: „Niemand will Krieg. Aber Nordamerika, die Europäische Union und
Russland treiben unausweichlich auf ihn zu, wenn sie der unheilvollen Spirale
aus Drohung und Gegendrohung nicht endlich Einhalt gebieten. Alle Europäer,
Russland eingeschlossen, tragen gemeinsam die Verantwortung für Frieden und
Sicherheit. Nur wer dieses Ziel nicht aus den Augen verliert, vermeidet Irrwege.“