Antisemitismus: Offener Brief nimmt Claudia Roth nach Buhrufen in Schutz

Nach Buhrufen gegen Kulturstaatsministerin Claudia Roth beim jüdischen Musikwettbewerb Jewrovision haben zahlreiche Jüdinnen und Juden der Grünenpolitikerin in einem offenen Brief den Rücken gestärkt. „Protest ist das eine, die niedergebrüllte Rede eines geladenen Gastes etwas
anderes“, heißt es in dem Brief. Es werde
behauptet, Roth nehme Sorgen über Antisemitismus im Kulturbetrieb nicht ernst. „Dem wollen wir deutlich widersprechen“, hieß es.

Zu den 50 Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern zählen etwa Daniel Barenboim, Daniel Cohn-Bendit, Daniel Kahn, Barrie Kosky, Igor Levit, Rachel Libeskind, Meron Mendel, Eva Menasse, Jerry Merose, Jerzy Montag, Michael Naumann, Susan Neiman, Miriam Rürup, Sasha Marianna Salzmann, Julius Schoeps, Paula-Irene Villa Braslavsky, Albert Wiederspiel, Mirjam Zadoff oder Moshe Zimmermann.

Roth hatte auf Einladung des Zentralrats der Juden in
Deutschland an der Veranstaltung am Freitag vergangener Woche in Frankfurt am Main
teilgenommen. Während ihres Grußwortes kam es zu lautstarken Protesten
einzelner Personen im Publikum. Zur Begründung wurde unter anderem auf die
Debatten um die documenta fifteen in Kassel verwiesen, bei der Arbeiten
als antisemitisch kritisiert worden waren.

Unterzeichner würdigen Roths Engagement gegen Antisemitismus

Bei allen berechtigten Sorgen um wachsenden Antisemitismus könne Roth nicht für die umstrittenen Inhalte
verantwortlich gemacht werden, heißt es. Sie habe die schwere Aufgabe, „in diesem
Spannungsfeld die demokratischen Normen und die Freiheit der Kunst im Auge zu
behalten, weil Kunst zwar politisch ist, aber politische Eingriffe in die Kunst
unterbleiben müssen“. Kulturschaffende bräuchten eine politische Umgebung, in der sie ungehindert
arbeiten könnten.

„Claudia Roths
politische Biografie kündet unmissverständlich vom lebenslangen Engagement
gegen Antisemitismus und Rassismus“, heißt es in dem Schreiben. „Ohne mit allem, was sie
tut, einverstanden zu sein: Ihr ist es unter anderem zu verdanken, dass die
künftige Arbeit von Gedenkstätten und Institutionen, die sich mit der
Geschichte der nationalsozialistischen Verbrechen befassen, abgesichert ist.“