Ampel patzt beim Whistleblower-Schutz

Die Bundestagsabstimmung über den Schutz von sogenannten Whistleblowern ist überraschend am Donnerstagnachmittag noch einmal vertagt worden. Im Ältestenrat des Parlaments verständigten sich die Fraktionen am Donnerstag darauf, das Thema kurzfristig von der Tagesordnung abzusetzen. Man wolle noch einmal den Versuch unternehmen, sich mit CDU und CSU zu einigen, sagte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Till Steffen der Deutschen Presse-Agentur. „Gespräche Anfang der Woche zeigten, dass eine Einigung zumindest nicht unmöglich erscheint.“

Ein kurz vor Weihnachten beschlossenes Gesetz war im Bundesrat gestoppt worden, weil die unionsregierten Länder eine übermäßige finanzielle Belastung von kleinen und mittleren Unternehmen befürchteten. Deshalb hatte die Ampel-Koalition ihr Vorhaben in zwei Gesetzentwürfe aufgespalten, um einen Großteil auch ohne Zustimmung der Länderkammer umsetzen zu können.

Union will Vermittlungsausschuss anrufen

Der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Günter Krings, kritisierte die Bundesregierung: „Die Ampel schlägt beim Thema Hinweisgeberschutz eine Volte nach der anderen. Statt eine EU-Richtlinie einfach in deutsches Recht umzusetzen, taktiert sie endlos. Die Zeit für Tricks ist aber jetzt vorbei.“ Die Regierung müsse die Bedenken der Länder ernst nehmen und den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anrufen, forderte der CDU-Politiker.

Der eine der beiden neuen Gesetzentwürfe ist weitgehend identisch mit seinem Vorgänger, nimmt aber ausdrücklich Beamte der Länder und Gemeinden aus, weshalb er nach Ansicht der Ampel auch ohne Zustimmung des Bundesrats in Kraft treten könnte. Der andere Gesetzentwurf, der diese Einschränkung wieder aufhebt, benötigt zwar die Zustimmung der Länderkammer, aber deren Veto könnte den Rest des Vorhabens nicht mehr stoppen.

Martin Plum, Berichterstatter der Unionsfraktion in der Sache, forderte die Ampel auf, schnell auf den festen Boden unseres Grundgesetzes zurückkehren. „Die Verzögerungen gehen auf Kosten eines rechtssicheren Hinweisgeberschutzes. Die Zeche zahlen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Hätte die Ampel frühzeitig den Vermittlungsausschuss angerufen, wäre es nie zu einem Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland gekommen. Die verzögerte Umsetzung wird den Bundeshaushalt jeden Tag einen fünfstelligen Betrag kosten.“

Das Gesetz zum Hinweisgeberschutz ist überfällig, denn Deutschland hätte eine entsprechende EU-Richtlinie eigentlich schon im Dezember vergangenen Jahres in nationales Recht umsetzen müssen. Wegen des Zeitverzugs hat die EU-Kommission bereits beschlossen, Deutschland und sieben weitere Mitgliedstaaten vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen.

Verstöße und Straftaten melden

Geregelt werden sollen Meldungen zu Betrügereien, Korruption und Verstößen gegen Vorgaben zu Umweltschutzvorgaben oder Lebensmittelsicherheit. Auch Hinweise auf mangelnde Verfassungstreue von Beschäftigten im öffentlichen Dienst sollen dadurch leichter die richtige Adresse erreichen.

Konkret müssten Behörden und Unternehmen spezielle Anlaufstellen für Whistleblower schaffen. Dort soll es auch möglich sein, einen Hinweis anonym zu übermitteln. Für Hinweisgeber, die sich an keine interne Stelle wenden möchten, würde zudem eine entsprechende Einrichtung beim Bundesamt für Justiz geschaffen. Falls der Betroffene trotzdem berufliche Nachteile erfährt, müsste der Arbeitgeber nachweisen, dass dies keine Folge des vorherigen Meldevorgangs ist.