Zwingt die EU Christian Lindner zu noch größerer Sparsamkeit?

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat kurzfristig das Treffen mit seinen Amtskollegen aus den Bundesländern an diesem Freitag absagen lassen. In der Sitzung sollte es darum gehen, wie Deutschland mit den Vorgaben des reformierten Stabilitätspakts umzugehen gedenkt. Die kurzfristige Absage ist ungewöhnlich. „Die unionsgeführten Länder sind extrem irritiert von diesem Umgang seitens der Bundesregierung“, sagte Nordrhein-Westfalens Finanzminister Marcus Optendrenk der F.A.Z.

Die Absage des Treffens des Stabilitätsrates in dieser Kurzfristigkeit sei ein absolutes Novum. „Man muss feststellen, dass politische Abstimmung und Zusammenarbeit mit der Ampel für die Länder immer schwieriger wird“, meinte der CDU-Politiker. „Kernpro­blem ist, dass die Einhaltung der Schuldenbremse künftig nicht mehr gewährleistet, dass die Finanzplanung den Regeln entspricht“, sagte der Vorsitzende des unabhängigen Beirats des Stabilitätsrats, Thiess Büttner, der F.A.Z. „Möglicherweise muss die gesamtstaatliche Finanzpolitik doch ambitionierter sein.“

Mail an die Minister

Auf der Tagesordnung des Stabilitätsrats (das ist das Gremium, in dem die Finanzminister regelmäßig zusammenkommen) stand unter anderem die Stellungnahme „zu dem Nettoausgabenpfad im mittelfristigen finanzpolitisch-strukturellen Plan“. Das klingt technisch, aber dahinter stehen brisante politische Fragen. Es geht mit den neuen EU-Regeln im Kern darum, dass jeder Mitgliedstaat den Anstieg seiner Ausgaben so dosiert, dass er solide wirtschaftet. Wenn dessen Schulden gemessen an der Wirtschaftsleistung heute zu hoch sind, sollen sie auf diese Weise mittelfristig unter die Quote von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gedrückt werden.

„Da es zum Thema derzeit noch technische Diskussionen mit der EU-Kommission gibt, wird die morgige Sitzung verschoben“, wurde den Finanzministern der Länder per Mail mitgeteilt. „Die Befassung im Stabilitätsrat werden wir in den nächsten Wochen nachholen, spätestens bei unserer regulären Sitzung im Dezember.“

Wie ergänzend aus dem Bundesfinanzministerium verlautete, hängt der „Rücksprachebedarf“ mit der EU-Kommission auch damit zusammen, dass die neuen EU-Regeln strenger wirken als die Finanzplanung mit der deutschen Schuldenbremse – der SPD und Grüne lieber heute als morgen ausweichen wollen. Um wie viele Milliarden Euro es in den Gesprächen mit Brüssel geht, lässt sich offenbar nicht so leicht sagen. Das soll dem Vernehmen nach auch davon anhängen, ob man den Ausgabenpfad über vier oder sieben Jahre laufen lässt.

Im zweiten Fall wären die Vorgaben weniger anspruchsvoll, allerdings hat sich der deutsche Minister Anfang der Woche in Luxemburg leicht abfällig über Pläne aus anderen Ländern geäußert, die in Richtung eines Siebenjahrespfades gehen. Nach Informationen dieser Zeitung gab es vor der Entscheidung des Bundes, die Sitzung zu verschieben, auch auf Länderseite Überlegungen, das Treffen abzusagen – weil der Bund bis zuletzt nichts vorgelegt hat, worüber beraten werden sollte.

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