Zukauf in Deutschland: BNP Paribas übernimmt Privatkundensparte von HSBC

Die französische Großbank BNP Paribas will ihre Expansion auf dem deutschen Markt fortsetzen. Am Montag kündigte das nach Bilanzsumme größte Kreditinstitut der Eurozone an, sich mit dem britischen Wettbewerber HSBC auf die Übernahme von dessen Privatkundengeschäft in Deutschland geeinigt zu haben. Die Transaktion soll vorbehaltlich behördlicher Genehmigungen im zweiten Halbjahr 2025 abgeschlossen werden. Zum Kaufpreis wollte die BNP keine Angaben machen. Nach Informationen der französischen Zeitung „Les Echos“ erwartete die HSBC für die Aktivitäten Erlöse zwischen 300 und 600 Millionen Euro.

Die Übernahme trägt aus Sicht der BNP dazu bei, sich in Deutschland als führender Anbieter in der Vermögensverwaltung zu positionieren. Im Blick hat sie dabei insbesondere den Mittelstand. Durch die HSBC-Aktivitäten kämen rund 300 Mitarbeiter und vor allem vermögende Kunden im Rheinland in den Wirtschaftszentren Köln und Düsseldorf dazu. „Wir verwalten heute Vermögen im Wert von rund 20 Milliarden Euro im Rahmen unserer Private-Banking- und Vermögensverwaltungsaktivitäten, und mit dieser Transaktion werden wir unsere verwalteten Vermögenswerte auf dem deutschen Markt mehr als verdoppeln“, sagte BNP-Deutschlandchef Lutz Diederichs im Gespräch mit Journalisten.

Die BNP fokussiert sich seit Jahren auf Europa, während auf Asien und Amerika jeweils nur rund 10 Prozent ihrer Aktivitäten entfallen. Deutschland ist in dieser Strategie allein qua Größe der Hauptwachstumsmarkt. Die Mittel für Investitionen in die Expansion stammen nicht zuletzt aus dem jüngsten Verkauf ihres amerikanischen Tochterinstituts Bank of the West für mehr als 14 Milliarden Euro. Die HSBC dagegen erwirtschaftet seit langem den Löwenanteil ihres Gewinns in Hongkong und China und will sich auf andere Aktivitäten konzentrieren, insbesondere das internationale Geschäft mit Firmenkunden. Den Anteil des Privatkundengeschäfts an ihren operativen Erlösen beziffert die HSCB auf inzwischen weniger als 5 Prozent.

Abgrenzung zu Sparkassen

Schon heute beschäftigt die BNP in Deutschland an 16 Standorten mehr als 6000 Mitarbeiter und zählt mehr als 5000 Unternehmens- und Finanzkunden sowie mehr als 6 Millionen Privatkunden. Durch den Kauf der Direktbank Consors und der DAB (vormals Direkt Anlage Bank) hat sie ihren Fußabdruck peu à peu vergrößert. Zudem kauften die Franzosen der Deutschen Bank ihr Hedgefondsgeschäft ab. Gerade im Vergleich zu dem Frankfurter Rivalen ist es ihnen in den vergangenen Jahren besser gelungen, Risikovorsorge zu betreiben, und durch die Ausdünnung ihres Filialnetzes Kosten zu sparen. Im Kredit- und Leasinggeschäft mit Firmenkunden ist die BNP in Deutschland heute ein führender Akteur und mit ihrem „One-Bank-Modell“ ein Vollsortimenter. Sie deckt vom Privatkundengeschäft und Investmentbanking über Versicherungen, Immobilien und Firmenwagen-Leasing ein breiteres Spektrum ab als die deutschen Banken.

Entsprechend groß ist die Zuversicht der BNP, durch die Expansion in der Vermögensverwaltung auch auf anderen Feldern zu wachsen. „Aufgrund unseres One-Bank-Prinzips und der engen Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Geschäftsbereichen erzielen wir außerhalb der Vermögensverwaltung genauso hohe Einnahmen wie in der Vermögensverwaltung“, erklärte Deutschlandchef Diederichs mit Blick auf den HSBC-Zukauf. Die internationale Aufstellung der BNP passe zur internationalen deutschen Wirtschaft. Das ist auch als Abgrenzung zu rein deutschen Wettbewerbern wie Sparkassen zu verstehen. „Für uns macht es keinen großen Unterschied, ob Kunden in Deutschland oder außerhalb Deutschlands investieren“, sagte Diederichs.

Gefragt danach, inwieweit sich eine potenzielle Fusion zwischen Unicredit und Commerzbank auf das Buhlen der Franzosen um den deutschen Mittelstand auswirken würde, zeigte sich der BNP-Deutschlandchef zuversichtlich. „Das ist eindeutig eine Chance für uns, ohne jeden Zweifel“, sagte Diederichs. Man sei „tief im deutschen Mittelstand verwurzelt, und wenn eine Fusion ansteht, wissen wir aus Erfahrung, dass ein Kreditbuch nicht eins plus eins gleich zwei sein wird“. Darüber hinaus wollte er das Geschehen nicht kommentieren.

Schon in der Vergangenheit hatte sich die BNP stets bedeckt gehalten zu den in der Politik und Finanzwelt immer wieder durchgespielten Überlegungen europäischen Bankenfusionen. Dabei war sie vor dem Unicredit-Coup stets als Favorit für den Kauf der Commerzbank gehandelt worden – ein Szenario, das Verdi-Gewerkschaftssekretär und Commerzbank-Aufsichtsrat Stefan Wittmann auch deutlich lieber sähe. „Ich finde, dass die Commerzbank viel besser daran täte, über eine Zusammenarbeit mit einer französischen Bank zum Beispiel zu sprechen“, sagte er „Les Echos“. Man verstehe sich mit den Franzosen „in Bezug auf die Industriepolitik und die Art und Weise, wie man eine Bank führt, viel besser als mit den Mailändern“, erklärte er.

Wittmann räumte gleichwohl ein, von keiner Interessensbekundung an der Commerzbank durch eine französische Bank zu wissen. Die gibt es bislang auch nicht. So hat die BNP mit Blick auf den diskutierten Zusammenschluss mit der Commerzbank immer wieder betont, „nie Interesse an diesem Dossier geäußert zu haben“. Gemäß dem Strategieplan 2025 seien vielmehr „gezielte Akquisitionen in wertschöpfenden Geschäftsfeldern“ einer der Hebel, um langfristig Wachstum zu schaffen, heißt es aus der Bank. Dazu passt neben dem Kauf der deutschen HSBC-Privatkundensparte auch die Übernahme des Vermögensverwaltungsgeschäfts des französischen Axa-Konzerns. Exklusive Gespräche hierüber wurden Anfang August angekündigt, bis Jahresende will man sich einig werden. Der Kaufpreis wird auf mehr als 5 Milliarden Euro taxiert und würde die BNP zu einem der größten Vermögensverwalter in Europa machen.

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