Die Europäische Zentralbank lässt alle drei Leitzinsen im Oktober unverändert. Das hat die Notenbank am Donnerstag nach der diesjährigen Auswärtssitzung des EZB-Rates in Florenz mitgeteilt.
Damit beläuft sich der Einlagensatz, den Banken für ihre Einlagen bei der Notenbank bekommen und der auch Auswirkungen auf die Sparzinsen hat, weiter auf 2,0 Prozent. Der Hauptrefinanzierungssatz, den Banken für Kredite bei der Notenbank zahlen, beträgt unverändert 2,15 Prozent. Und der Spitzenrefinanzierungssatz für Übernachtausleihungen verbleibt auf 2,4 Prozent.
Die EZB hat sich damit anders entschieden als die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed), die am Mittwoch die Zinsen gesenkt hatte. Es war die zweite Zinssenkung in den Vereinigten Staaten seit Beginn der zweiten Amtszeit von Präsident Donald Trump. Die Bank of Japan hat ihre Leitzinsen am Donnerstag unverändert gelassen. Dort werden bald Zinserhöhungen erwartet.
Der EZB-Rat hat zudem in Florenz beschlossen, dass die Planungen für den digitalen Euro in die nächste Phase gehen sollen. Nach der Vorbereitungsphase, die von 2023 bis 2025 dauerte, soll nur eine Phase der technischen Fertigstellung („technical readyness“) beginnen. Die Entscheidungen über die Zukunft des digitalen Zahlungsmittels „hängen“ aber im Moment in Brüssel. „Der endgültige Beschluss des EZB-Rats darüber, ob und wann ein digitaler Euro ausgegeben wird, wird erst dann getroffen, wenn die Rechtsvorschriften angenommen worden sind“, teilte der EZB-Rat mit.
Unterschiede in der Inflation
Obwohl die Inflation in den Vereinigten Staaten (bei einer leicht unterschiedlichen Messweise) deutlich höher ist als im Euroraum, senkt die amerikanische Notenbank also ihre Zinsen, während die EZB ihre beibehält. In den Vereinigten Staaten betrug die Inflationsrate im September 3,0 Prozent. Im Euroraum war sie leicht auf 2,2 Prozent gestiegen.
Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Zum einen liegen die Zinsen im Euroraum schon deutlich niedriger als in den Vereinigten Staaten, weil es seit dem vergangenen Sommer mittlerweile acht Zinssenkungen gegeben hat. Der entscheidende EZB-Leitzins, der Einlagensatz, beträgt nur noch 2,0 Prozent. Die Leitzinsen in den Vereinigten Staaten liegen nach den zwei Zinssenkungen jetzt zwischen 3,75 und 4,0 Prozent.
Zum anderen hat die amerikanische Fed, anders als die EZB, ein doppeltes Mandat. Sie soll nicht nur auf Preisstabilität achten, sondern auch auf die Beschäftigung.
„Für niedrigere Leitzinsen war die Inflationsrate in den Vereinigten Staaten eigentlich zu hoch“, sagt Bastian Hepperle von der Bank Hauck Aufhäuser Lampe: „In der Fed ist jedoch die Sorge um eine weitergehende Beschäftigungsabschwächung größer.“
Zudem ist die Rede von einer „Vorsichtszinssenkung“: Wegen des teilweisen Verwaltungsstillstands in den Vereinigten Staaten liegen viele statistische Daten nicht vor.
Seit längerer Zeit gab es politischen Druck von US-Präsident Donald Trump auf Fed-Chef Jerome Powell, die Zinsen zu senken. Auch im Euroraum gab es Forderungen von politischer Seite nach niedrigeren Zinsen – aber nicht von vergleichbarem Gewicht.
Bauzinsen gestiegen
Was heißt das alles nun für Sparer und Hausbauer? Die Tagesgeldzinsen waren mit den Leitzinsen immer weiter gesunken. Nach Zahlen der FMH-Finanzberatung in Frankfurt bekommen Sparer in Deutschland im Schnitt noch 1,36 Prozent. Das scheint sich aber etwas zu stabilisieren, zumindest ging es zuletzt nicht mehr weiter abwärts.
Die Zinsen für Festgeld auf ein Jahr waren zuletzt sogar ganz leicht wieder gestiegen, auf durchschnittlich 1,79 Prozent. Hier machen sich etwas höhere Kapitalmarktzinsen offenbar bemerkbar.
Unterdessen haben die Sparzinsen in Deutschland real, also unter Berücksichtigung der Inflation, einen besonders niedrigen Stand erreicht. Darauf weist das Internetportal Verivox nach einem Vergleich hin. „Der jüngste Inflationsanstieg führt bei vielen Tages- und Festgeldanlegern zu einem Wertverlust der Ersparnisse“, schreibt das Portal. Beim Tagesgeld sei nach Verivox-Erhebungen der durchschnittliche Realzins, also der Zins unter Berücksichtigung inflationsbedingter Kaufkraftverluste, mit minus 1,12 Prozent auf den tiefsten Stand seit mehr als anderthalb Jahren gefallen. Auch beim Festgeld sei die reale Rendite durchschnittlich verzinster Anlagen unabhängig von der Laufzeit negativ.
Die Bauzinsen hatten im Sommer etwas zugelegt. Das hat sich zuletzt so aber nicht mehr fortgesetzt. Im Schnitt zahlen Bauwillige für ein Darlehen mit zehn Jahren Zinsbindung 3,64 Prozent.
Der Kreditvermittler Interhyp befragt regelmäßig Fachleute für Baufinanzierung zu ihrer Einschätzung, wie es mit den Bauzinsen weitergeht. Für die kommenden vier Wochen erwarten mehr als 80 Prozent der Befragten etwa gleichbleibende Bauzinsen um das aktuelle Zinsniveau. Für die kommenden sechs Monate rechnen zwei Drittel des Expertenpanels damit, dass die Bauzinsen auf bis zu vier Prozent steigen. „Ein Grund für diese Prognose ist die steigende Staatsverschuldung in Deutschland und der gesamten Eurozone“, schreibt Interhyp.
Source: faz.net