„Wir haben eine kleine Maus versteckt. Findest du sie?“ Diese Worte reichten jahrzehntelang aus, um Kinder zu künftigen Magazinleserinnen und -lesern heranwachsen zu lassen. Alle zwei Wochen standen sie in hübscher Schreibschrift in einer Sprechblase auf Illustrationen, in denen sich irgendwo noch eine winzige Maus versteckte. Und es war ein unbeschreiblich befriedigendes Gefühl, dieses kleine Mause-Ding zu finden.
Das Rätsel ist mehr als 70 Jahre alt, inzwischen hat es ein Makeover durchgemacht. Wie es aber mit der Maus weitergeht, ist nun ungewiss, denn der Redaktion der Brigitte wurde mitgeteilt, dass man sie loswerden möchte, wenn denn das Kartellamt zustimmt. Und auch die Gala und die nur noch online erscheinende Version von Eltern hat es getroffen. RTL Deutschland will die drei Marken an die Essener Funke Mediengruppe verkaufen.
Damit sind drei der letzten großen Namen des immer als traditionsreiches Haus beschriebenen Verlags Gruner + Jahr verteilt. Schon im Jahr 2022 wurde dessen Verlagsspalte von RTL übernommen, Magazine wurden eingestellt, andere verkauft, Menschen wurden entlassen. RTL wolle sich jetzt weniger um schwächelnde Printmagazine kümmern, heißt es vom TV-Konzern, lieber um bewegte Bilder und Streaming. Einer der bedeutendsten Verlage wird weiter zerschlagen.
Etwa 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürften von diesen Neuigkeiten überrascht worden sein, sind sie doch gerade erst vor ein paar Monaten in das neue RTL-Bürogebäude in der Hamburger HafenCity gezogen. Nun müssen sie die Ungewissheit ob möglicher Stellenstreichungen ertragen. Es ist aber nicht nur für sie zu hoffen, dass Funke mehr als RTL an die Stärke der Printtitel glaubt, die man durchaus als legendär bezeichnen kann.
Gleiches gilt für Magazinliebhaberinnen, die mit den Heften aus dem Verlag sozialisiert wurden. Zwar konnten nur fünf Prozent von ihnen die Maus innerhalb von zehn Sekunden finden, teilte die Brigitte zum Jubiläum im letzten Jahr mit. Aber als Kind hatte man sowieso nicht mitgezählt. Viel wichtiger war der Bonding-Moment mit der Mutter oder anderen Leserinnen in der Familie. Gemeinsames Blättern im frischen Papier, das man gerade vom Wochenendeinkauf mitgebracht hatte, rausgerissene Rätselseiten, die meist von der cooleren Tante mitgebracht wurden.
Die erste Brigitte erschien 1954. Die Frauenfigur, die dort – zumindest in den Neunzigern, wie die Autorin dieses Textes aus eigener Erfahrung überprüfen konnte – dargestellt wurde, war nicht uninteressant. Emanzipiert auf jeden Fall, aber auch gut aussehend. Erfolgreich, aber gut gelaunt. Angepasst, aber doch individuell. Die Psychologie-Themen hatten etwas Selbstwirksames, das man damals noch nicht so nannte. Eigentlich war die Themenauswahl der Brigitte eine ziemlich gute Vorbereitung auf das, was einem als Frau herangetragen werden würde. Bitte eine Eier legende Wollmilchsau sein, mit roten Lippen, Büchern und in der Hand einen Putzlappen.