Yukio Mishima: Kurzschwert, Kopf ab

Yukio Mishima: Kurzschwert, Kopf ab

Zu jedem Artikel über Yukio Mishima gehört die Geschichte seines Todes. Am 25. November 1970 zog sich Mishima eine Fantasieuniform an, versammelte seine durch Blutsschwur ergebene Fantasiemiliz und stürmte das Hauptquartier der Streitkräfte in Tokio. Ein Putsch gegen das demokratische Japan, ein Beweis der Treue zum Kaiser, und als Mishima damit scheitert, rammt er sich, nach Samuraitradition, ein Kurzschwert in den Bauch, und einer seiner Anhänger schlägt ihm, nach einigen Versuchen, noch den Kopf ab.

Mishima war damals 45 Jahre alt, und er war sonst noch ziemlich viel: Laienschauspieler, Bodybuilder, Fotomodell, Dandy und der damals wohl bedeutendste Schriftsteller seines Landes. Mishima, so geht die Überlieferung, habe ein paarmal sogar beinahe den Nobelpreis bekommen, aber daraus wurde nie etwas. Kenzaburo Oe, der den Preis später hingegen bekommen hat, hat einmal gesagt, Mishima habe durch seinen Tod sein Werk noch einmal neu geschrieben. Doch Mishimas Suizid, die Sensationsgruselgeschichte eines mit sich selbst irregewordenen Operettensamurais, hat das Werk auch überstrahlt. Was kein Argument dagegen sein sollte, es wieder zu lesen, auch im vollen Bewusstsein der obskuren Schwärmereien des Autors. Es muss gar nicht zur Übung in Ambiguität werden, die man sich heute bisweilen so gern abtrainiert. Im besten Fall liest man bloß einen der faszinierendsten Schriftsteller seiner Zeit.

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