Die Stimmung in Deutschland
scheint schlecht zu sein. Man hat das Gefühl, die deutsche Gesellschaft ist von
einer mentalen Depression geprägt, so wie Bundespräsident Roman Herzog es
1997 monierte. Dieser Eindruck steht in starkem Kontrast zu wissenschaftlichen
Studien, denen zufolge die allgemeine Lebenszufriedenheit der Menschen in
Deutschland selten größer war als heute und sich seit 2004 stark verbessert
hat. Wie passt das zusammen? Und was sagt es über unsere Gesellschaft aus?
Gerade die
Wirtschaftswissenschaften sind seit jeher darauf fixiert, den Wohlstand einer
Gesellschaft durch die Höhe der Wirtschaftsleistung und dessen Wachstum zu
messen. Dabei ist das Wirtschaftswachstum ein denkbar schlechter Indikator für
Wohlstand. Ziel einer Gesellschaft und deren Institutionen kann nicht die
Maximierung des Wachstums des Bruttoinlandsprodukts sein, sondern das Glück und
die Lebenszufriedenheit der Menschen und das künftiger Generationen.
Die Wissenschaft unterscheidet
zwischen affektivem Wohlbefinden, also wie häufig Menschen positive und
negative Gefühle erleben, und kognitivem Wohlbefinden, also dem Vergleich der
gegenwärtigen Lebenssituation mit den Wünschen der Menschen. In das kognitive
Wohlbefinden fließt sowohl die Einschätzung der eigenen Zufriedenheit mit
der allgemeinen Lebenssituation ein als auch die
Zufriedenheit mit einzelnen Lebensbereichen.
Eine neue Studie des DIW Berlin
analysiert mithilfe des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), wie
sich die Zufriedenheit der Menschen in Deutschland zwischen 2004 und 2021
entwickelt hat. Sie kommt zum Teil zu bemerkenswerten Resultaten: Entgegen der
generellen Wahrnehmung waren die Menschen in Deutschland nie zufriedener als im Jahr 2021,
dem aktuellsten Erhebungsjahr der Studie. Die Lebenszufriedenheit
der Menschen in Deutschland hat seit 2004 stark zugenommen. Genauso
bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Ungleichheit bei der
Lebenszufriedenheit über viele Dimensionen zum Teil sehr deutlich abgenommen
hat.
So ist die Zufriedenheit der
Bürgerinnen und Bürger mit dem Einkommen und der Arbeit sowohl in Ostdeutschland als auch
in Westdeutschland seit 2004 stark gestiegen – im Osten sogar noch stärker als
im Westen, sodass heute kaum mehr ein Unterschied in der Zufriedenheit zwischen
Ost und West besteht. Auch die Unterschiede zwischen Männern und Frauen und
zwischen jungen und alten Menschen haben ab- oder zumindest nicht zugenommen. Vor allem
unter Frauen und jungen Menschen unter 30 ist die Zufriedenheit in den vergangenen
20 Jahren deutlich gestiegen. Auch bei Menschen mit geringen Einkommen hat sie deutlich
zugelegt, auch wenn diese noch immer signifikant geringer ist als die der
Spitzenverdiener.
Einerseits ist also die Zufriedenheit angestiegen, andererseits hat die Ungleichheit abgenommen: So sind Männer in Bezug auf ihr Einkommen zwar immer noch
zufriedener als Frauen, der Unterschied hat jedoch abgenommen und ist
mittlerweile recht gering – trotz signifikanter Unterschieden beim Stundenlohn
und den monatlichen Einkommen. In Ostdeutschland ist die Zufriedenheit mit dem
eigenen Einkommen deutlich stärker gestiegen als im Westen und hat den
Rückstand fast komplett aufgeholt. Ähnliches gilt für junge Menschen, die zwar
deutlich weniger verdienen, deren Zufriedenheit mit dem Einkommen sich aber den Werten der älteren Menschen angenähert hat. Dies mag dadurch erklärbar sein, dass
junge Menschen noch ein langes Berufsleben vor sich haben und Löhne und
Einkommen in den vergangenen 20 Jahren auch für diese Gruppe deutlich gestiegen
sind.
Die Stimmung in Deutschland
scheint schlecht zu sein. Man hat das Gefühl, die deutsche Gesellschaft ist von
einer mentalen Depression geprägt, so wie Bundespräsident Roman Herzog es
1997 monierte. Dieser Eindruck steht in starkem Kontrast zu wissenschaftlichen
Studien, denen zufolge die allgemeine Lebenszufriedenheit der Menschen in
Deutschland selten größer war als heute und sich seit 2004 stark verbessert
hat. Wie passt das zusammen? Und was sagt es über unsere Gesellschaft aus?
Gerade die
Wirtschaftswissenschaften sind seit jeher darauf fixiert, den Wohlstand einer
Gesellschaft durch die Höhe der Wirtschaftsleistung und dessen Wachstum zu
messen. Dabei ist das Wirtschaftswachstum ein denkbar schlechter Indikator für
Wohlstand. Ziel einer Gesellschaft und deren Institutionen kann nicht die
Maximierung des Wachstums des Bruttoinlandsprodukts sein, sondern das Glück und
die Lebenszufriedenheit der Menschen und das künftiger Generationen.