Wirtschaftsnobelpreise: Starke Institutionen schützen unseren Wohlstand und die Demokratie

Die
Gewinner des Wirtschaftsnobelpreises 2024 heißen Daron Acemoğlu, Simon Johnson
und James A. Robinson. Die drei Wissenschaftler mit türkischen und britischen Wurzeln,
die alle in den USA lehren und forschen, zeigen in ihrer Arbeit, zeigen, wie sich Institutionen und Demokratie auf die Ungleichheit auswirken. Ihre
Forschung enthält wichtige Lehren nicht nur für gescheiterte Staaten im
Globalen Süden, sondern auch für die Demokratien in Europa und damit auch für
Deutschland. Vor allem Deutschland sollte sich seiner Stärken eines exzellenten
Rechtsstaats, guter Institutionen und einer robusten Demokratie bewusst sein und sie besser nutzen, um aus der derzeitigen mentalen Depression herauszukommen
und die großen Transformationen unserer Zeit besser zu meistern.

Die
diesjährige Preisvergabe
ist in mancher Hinsicht ungewöhnlich. Denn die
Auszeichnung gilt dieses Mal mehr den Sozialwissenschaften als Ganzes und nicht
allein der Ökonomie. Die Forschung der drei belegt, wie wichtig die Qualität
von Institutionen – also ein starker Rechtsstaat, eine liberale Demokratie und
eine hohe Effizienz der Bürokratie – für wirtschaftlichen Erfolg und Wohlstand
ist. Menschen werden sich nicht erfolgreich als Unternehmer und Innovatorinnen
betätigen können, wenn es keine klaren Eigentumsrechte gibt, durch die Menschen
auf den Erfolg ihrer Arbeit zugreifen können und die gesetzlich garantiert
sind. Fairer Wettbewerb und die Auslese der besten Ideen sind unmöglich ohne
verlässliche Spielregeln, die bindend für alle sind. Ohne Freiheit und die
Garantie von Menschenrechten können Menschen ihre Talente und Potenziale nicht
entwickeln und einbringen.

Deshalb
ist die Demokratie so entscheidend für Wohlstand und Fortschritt. Heute sind fast
alle Länder, die einen hohen materiellen und immateriellen Wohlstand wie
Gesundheit, Zufriedenheit und sozialen Frieden haben, Demokratien. Das
Scheitern von Institutionen führt zu Staatsversagen und hoher Ungleichheit
zwischen Staaten und innerhalb von Gesellschaften – das hatte eine der
einflussreichsten ökonomischen Arbeiten mit dem Titel Why Nations Fail von
Daron Acemoğlu und James A. Robinson bereits 2012 festgestellt. Denn dysfunktionale
Institutionen und ein autokratisches Regime bedeuten, dass Macht und Ressourcen
höchst ungleich verteilt sind und die Früchte des wirtschaftlichen Handelns nur
einigen wenigen zugutekommen.

Die
Forschung der drei Nobelpreisträger enthält wichtige Lehren auch für die
westlichen Demokratien. In den letzten 20 Jahren ist die Demokratie global auf
dem Rückzug, immer mehr Gesellschaften haben autokratische Regime und viele
Demokratien erfahren eine Aushöhlung und Schwächung ihrer Institutionen. Dies galt
und gälte nicht nur für die USA unter einem US-Präsidenten Donald Trump, sondern
auch für immer mehr Staaten in Europa. In Ländern wie Ungarn werden die Rechte
von Minderheiten beschnitten, die Unabhängigkeit von Gerichten unterminiert und
Parlamente ihrer Macht beraubt.

Und hier
sollte Deutschland sich seiner großen und vielleicht wichtigsten Stärke bewusst
sein: Kaum eine Gesellschaft hat eine im internationalen Vergleich so robuste
Demokratie, mit einem so starken Rechtsstaat und so exzellenten Institutionen. Wir können diese Stärke aber noch besser nutzen. Denn sie ist in Gefahr. Wir erleben zunehmend Angriffe auf unsere
demokratischen Institutionen, nicht nur von rechtsextremen und
antidemokratischen Kräften. Eine Beschneidung des Rechts auf Asyl, die
Schwächung der vier Freizügigkeiten Europas, die zunehmenden sozialen
Ungleichheiten und die Schwächung freier Medien sind allesamt ein Angriff auf
unsere liberale Demokratie.

Der Blick nach China täuscht

Die
überbordende Bürokratie ist nicht das Resultat vermeintlich inkompetenter
staatlicher Institutionen, sondern Ausdruck von Machtmissbrauch und
Besitzstandswahrung einer kleinen Elite. Denn Regulierung bedeutet nichts
anderes, als dass Wettbewerb begrenzt und die Interessen einiger weniger
geschützt werden sollen. Es sind meist nicht staatliche Institutionen, die aus
Eigeninitiative neue Regeln oder bürokratische Hürden erstellen, sondern
private Akteure, die den Staat und ihre Institutionen in ihrem individuellen
Sinne instrumentalisieren.

Manche
widersprechen diesem Argument mit Hinweis auf den großen Erfolg Chinas in den letzten 30 Jahren. Durch harsche Kontrollen konnte China die Coronapandemie aus
wirtschaftlicher Perspektive besser meistern als viele andere Staaten. In manchen Technologiebereichen
konnten chinesische Unternehmen westliche Firmen überholen. Chinas Regime und
Wirtschaft reagieren flexibler und schneller auf Schocks und Transformationen
und verschaffen sich deshalb Vorteile gegenüber westlichen Unternehmen. Die
unzureichende Flexibilität und geringe Geschwindigkeit, um auf Krisen und
Veränderungen zu reagieren, sind in der Tat zentrale Schwächen westlicher
Demokratien. Die Lösung liegt jedoch nicht in der Aushöhlung demokratischer
Institutionen, sondern in deren Weiterentwicklung und Stärkung. Denn das
Resultat der drei Forscher steht und bleibt: Demokratien sind resilienter und
widerstandsfähiger und sie sind der einzige Weg, um langfristig einer großen
Mehrheit der Gesellschaft Freiheit und Wohlstand zu ermöglichen.

Die
Forschung der drei Nobelpreisträger macht einen weiteren wichtigen Punkt: Die
Wertschätzung des Individuums und von Vielfalt, die Verteidigung einer offenen
Gesellschaft und der Schutz der Freiheit jedes Einzelnen sind essenziell für
eine funktionierende Demokratie. Auch in Deutschland entfernen wir uns zurzeit
von diesem Ideal immer weiter. Auch in Deutschland wären alle Verantwortlichen
in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gut beraten, sich die Lehren der drei
Wissenschaftler zu Herzen zu nehmen.

Die
Gewinner des Wirtschaftsnobelpreises 2024 heißen Daron Acemoğlu, Simon Johnson
und James A. Robinson. Die drei Wissenschaftler mit türkischen und britischen Wurzeln,
die alle in den USA lehren und forschen, zeigen in ihrer Arbeit, zeigen, wie sich Institutionen und Demokratie auf die Ungleichheit auswirken. Ihre
Forschung enthält wichtige Lehren nicht nur für gescheiterte Staaten im
Globalen Süden, sondern auch für die Demokratien in Europa und damit auch für
Deutschland. Vor allem Deutschland sollte sich seiner Stärken eines exzellenten
Rechtsstaats, guter Institutionen und einer robusten Demokratie bewusst sein und sie besser nutzen, um aus der derzeitigen mentalen Depression herauszukommen
und die großen Transformationen unserer Zeit besser zu meistern.

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