
Nach dem tödlichen Streit an einer Straßenbahnhaltestelle in Stuttgart fordert CDU-Generalsekretär Linnemann die Absenkung des Strafmündigkeitsalters. Derweil ist die Bestürzung in Stuttgart groß. Die Schule trauert um den Zwölfjährigen.
Nachdem vergangene Woche ein 12-jähriger Junge von einem 13-Jährigen gegen eine Straßenbahn gestoßen wurde und starb, gibt es eine Debatte um die Strafmündigkeit von Jugendlichen.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann plädiert für eine Absenkung des Alters von 14 auf 12 Jahre. „Wir müssen reagieren“, sagte er bei WELT TV. Er sei es leid, ständig über das Thema zu sprechen, ohne dass etwas passiere. „Die Schweiz hat es auch gesenkt“, sagte Linnemann. Zwar könne man damit nicht alle Probleme lösen, so der CDU-Generalsekretär, „aber jede Straftat, die damit verhindert wird, ist ein guter Tag für Deutschland“.
Vergangenen Freitag hatte ein Vorfall an einer Stuttgarter Straßenbahnhaltestelle für Aufsehen gesorgt: Ein 13-Jähriger soll einen 12-Jährigen nach einem Streit gegen eine einfahrende Tram gestoßen haben – das Kind kam dabei ums Leben. Der 13-Jährige sei an das Jugendamt überstellt worden, hatten Staatsanwaltschaft und Polizei Stuttgart mitgeteilt. Zum Motiv gibt es keine offiziellen Angaben. Der Junge halte sich nach Informationen der Polizei bei seinen Eltern auf.
„Wir sind tief berührt“
Die Schule des toten Jungen zeigte sich derweil bestürzt. „Wir sind tief berührt und voller Mitgefühl für seine Familie, Freunde und alle, die ihn geschätzt und geliebt haben“, heißt es auf der Internetseite der Schule. Man sei in Gedanken bei allen, die betroffen seien.
Die Polizei halte sich an der Schule zurück, sagte eine Sprecherin. Zwar sei man mit Präventionsteams das ganze Jahr über an Schulen und spreche dort auch viel über Gewaltprävention. „Die Kinder an der Schule brauchen jetzt erst einmal Vertrauenspersonen. Da ist die Polizei als ermittelnde Behörde nicht der richtige Ansprechpartner“, sagte die Sprecherin. Man werde aber später das Gespräch mit der Schule suchen.
Zahl jugendlicher Tatverdächtiger steigt überdurchschnittlich
Zuvor hatte bereits Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges (CDU) an Bund und Länder appelliert, die Strafmündigkeit stärker in den Blick zu nehmen. „Wir müssen überlegen, ob schon für jüngere Menschen eine qualifizierte staatliche Ansprache möglich ist – auch gegen den Willen der Eltern“, sagte die CDU-Ministerin.
Nach Angaben des Ministeriums ist die Zahl der Tatverdächtigen unter 14 Jahren in den vergangenen zehn Jahren überdurchschnittlich gestiegen. „Für mich besonders erschreckend ist die Entwicklung bei den Aggressions- und Gewaltdelikten, also bei Mord, Totschlag oder Raub“, sagte Gentges. Die Justiz habe jedoch bei unter 14-Jährigen keine Einflussmöglichkeiten. „Die Staatsanwaltschaft darf gegen Strafunmündige nicht ermitteln.“
Der Staat müsse stärker eingreifen, sagte Gentges. Begehe ein Kind im Alter von zehn oder zwölf Jahren Gewaltstraftaten, sei es naiv zu glauben, dass es dieses Verhalten zum 14. Geburtstag ablege. Es könne sich vielmehr verfestigen – und dann drohten perspektivisch weitere Straftaten.
shem mit dpa
Source: welt.de