„Wir nach sich ziehen diesen Winter bisher nur drei Tage geheizt, ziehen dicke Pullover an“

Laut einer Auswertung des Statistischen Bundesamts (Destatis) lagen die Butterpreise 2024 rund 41 Prozent höher als im Jahr 2020. Doch Butter ist nur ein Beispiel dafür, wie stark sich das Leben verteuert hat. Immer öfter stehen wir im Supermarkt, im Café oder an der Zapfsäule und fragen uns: Kann ich mir das noch leisten? Fünf WELT-Leser haben erzählt, wo sie im Alltag sparen müssen:

Männlich, 66, Rostock

Seit der Explosion der Butterpreise und meiner schlechten Cholesterinwerte, gibt’s „Bellasan Halbfett Margarine“ aus dem Discounter für 1,29 Euro. Monatliche Ersparnis: Rund 10 Euro.

Statt dreimal im Monat 190 Kilometer mit dem Auto von Rostock nach Hamburg zu fahren, lasse ich den Wagen in Lübeck auf einem kostenlosen Parkplatz stehen und fahre mit dem Deutschland-Ticket für Rentner (derzeit 38,00 Euro) mit dem Zug bis Hamburg. Monatliche Ersparnis: Rund 60 bis 110 Euro.

Brötchen-Aus! Seit der drastischen Steigerung der Brötchenpreise bin ich auf Roggenbrot umgestiegen. Ersparnis: 15 Euro pro Monat.

Motorölwechsel beim Oldtimer: gestrichen! Einmal im Jahr: Selbermachen! Kumpels haben am Anfang geholfen. Öl und Filter kosten im Internet rund 60 Euro, in der Werkstatt zahle ich das Doppelte.

Ehepaar, 71 und 67, Sauerland

Wir sind gebürtig aus Wuppertal und Ennepetal, unsere Kinder und Enkel leben dort. Eine Mietwohnung in der Nähe unserer Familie können wir nicht bezahlen, daher haben wir uns in Schmallenberg niedergelassen, da die Preise hier noch einigermaßen akzeptabel sind.

Wir fahren einen zehn Jahre alten Verbrenner. Ein E-Fahrzeug ist für uns nicht zu finanzieren. Tanken ist schon eine Herausforderung. Wir begrenzen unsere Fahrten auf ein Minimum. Außerdem nutzen wir das Deutschlandticket.

Ich arbeite noch in einer Einrichtung für Demenzkranke als geringfügig Beschäftigte für sechs Tage im Monat. Mit dem Entgelt finanzieren wir einen Kredit für unser Auto, auf das wir aufgrund der Pflegebedürftigkeit meiner Eltern angewiesen sind.

Beim Lebensmitteleinkauf nehmen wir oft die reduzierten Angebote wegen geringer Mindesthaltbarkeitsdaten in Anspruch. Gesunde Ernährung lässt sich so auf jeden Fall bezahlen. Dafür kochen wir viel und gerne, gehen aber nicht mehr essen.

Ich habe von meinem 16. Lebensjahr an 47 Jahre gearbeitet und nach meiner Scheidung vor 36 Jahren meine beiden Söhne allein großgezogen. Mein Mann und ich haben nicht das Gefühl, dass es uns an etwas mangelt, dennoch wird jede Ausgabe zwei- oder dreimal abgewogen.

Meinem Mann schneide ich seit vier Jahren die Haare selbst. Urlaub machen wir einmal im Jahr für eine Woche, dann in Deutschland. Manchmal sind wir schon etwas gefrustet.

Weiblich, 54 Jahre, Niedersachsen

Vorab: Uns geht es gut. Wir sind gesund, haben eine schöne Wohnung und können uns im Supermarkt alles zu essen kaufen, was wir möchten. Ich achte aber schon darauf, was im Angebot ist, und verzichte auf teure Lebensmittel und koche täglich selbst.

Mir brechen die großen Posten finanziell das Genick: die kaputte Waschmaschine, die unerwartete Autoreparatur, wenn beide Kinder kurz hintereinander auf Klassenfahrt gehen, die Zahnspange meines Sohnes (mit der ich lange gehadert habe, aber sie war wegen funktioneller Einschränkungen notwendig), der jährliche Urlaub (mittlerweile finanziell nur noch in der Jugendherberge möglich).

Ich muss dazu sagen, dass ich alleinerziehend bin und entsprechend alle Kosten allein tragen muss. Da reicht auch das recht gute Gehalt oft nicht aus. Wir sparen deshalb massiv im Alltag: Wir besuchen nur Freizeitveranstaltungen mit freiem Eintritt oder sehr geringen Eintrittsgebühren, nehmen dann ausreichend Essen und Getränke mit.

Am Wochenende kaufe ich keine Brötchen mehr vom Bäcker. Wir haben diesen Winter bisher nur drei Tage geheizt, ziehen dicke Pullover an (die Wohnungstemperatur liegt bei 16-18 Grad, was für uns aber okay ist). Ich gehe mit meinen Kindern nie ins Restaurant, unterwegs gibt es höchstens mal einen Döner.

Kleidung kaufen wir insgesamt wenig und oft Secondhand, ebenso Schulbücher (soweit sie nicht geliehen werden können). Dadurch kommen wir finanziell über die Runden. Würden wir nicht so viel sparen, wäre es aber schwierig und ich könnte kein Geld in meine private Altersvorsorge einzahlen.

Volker Buurman, 55 Jahre, Bremen

Was mich im Dezember schlicht „umgehauen“ hat, war die Erhöhung der Beiträge zur privaten Krankenversicherung.

Als Beamter muss ich mich privat versichern. Bislang lag der monatliche Beitrag bei etwa 300 Euro, ab 2026 werden es nun 370 Euro sein. Das ist eine Steigerung um 23 Prozent von einem Jahr zum nächsten. Unglaublich! Und das bei einer Steigerung des Gehalts von unter 3 Prozent. Wie soll das weitergehen?

Dabei habe ich schon jetzt nur Basisleistungen versichert, also nur Dreibettzimmer und keine Chefarztbehandlung oder Ähnliches.

Ich überlege jetzt meinen Versicherungsschutz um 10 Prozent zu reduzieren. Das bedeutet einerseits die Chance mehrere tausend Euro im Laufe der nächsten Jahre zu sparen, aber natürlich auch ein gewisses Risiko, falls ich einmal sehr schwer krank werden sollte. Ich hätte dann bis zum Renteneintritt dieses finanzielle Risiko. Ein bisschen Russisch-Roulette. Aber wer kann denn Steigerungen von 23 Prozent stemmen?

Ansonsten: Strom- und Gasanbieter wechseln und Sonderangebote nutzen. Tankapps nutzen und abends tanken hilft auch ein wenig. Ich frage mich dabei immer: Wer hat so viel Geld, dass sogar noch für 2,23Euro an der Autobahn getankt wird?

Ehepaar, Mitte 60, Bayern

  1. Einkaufen nur noch beim Discounter. Nicht mehr bei Rewe oder beim Fleischer.
  2. Wir würden umziehen in eine kleinere Wohnung, wenn die Miete günstiger wäre. Aber das ist unmöglich, da gerade kleine Wohnungen teuer sind.
  3. Restaurantbesuche nur noch an Weihnachten und Jahrestagen, da hier mit mindestens 25 Euro pro Person zu rechnen ist.
  4. Vereinsmitgliedschaften nach Renteneintritt gekündigt, da die Miete 54 Prozent der Nettorente frisst.
  5. Kino und Konzerte sind schon lange gestrichen.

Source: welt.de

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