„Wie so oft ist die Story, die in jener Öffentlichkeit ist, immer ein kleinster Teil unterschiedlich“, sagt Baerbock

Annalena Baerbock meldet sich von New York aus zu Wort: Sie könne sich eine Blauhelm-Truppe in der Ukraine gut vorstellen. Im Interview äußert sich die neue Präsidentin der UN-Vollversammlung auch zur Palästinafrage und ihr Verhältnis zu Top-Diplomatin Helga Schmid.

Die neue Präsidentin der UN-Vollversammlung, Annalena Baerbock, hält eine Beteiligung von UN-Blauhelmtruppen an einer Friedenslösung im Ukraine-Kriegs für möglich. „Wenn es zu einem Friedensvertrag kommt, dann muss der am besten abgesichert werden“, sagte die ehemalige deutsche Außenministerin der „Bild am Sonntag“. „Und wenn die Mehrheit der Mitgliedstaaten sagt, dafür bräuchte es auch Blauhelme, dann ist das etwas, was hoffentlich dauerhaft den Frieden sichern kann.“

Die Verbündeten der Ukraine befassen sich seit Monaten hinter den Kulissen mit Konzepten für die Absicherung eines möglichen neuen Kapitels in dem Krieg, das militärisch von einem Waffenstillstand bis zu einem Friedensvertrag reichen kann. Allerdings wäre dafür zunächst eine Bereitschaft Russlands zu Verhandlungen erforderlich. Baerbocks neuer UN-Spitzenposition in New York wird in erster Linie protokollarische Bedeutung beigemessen – sie ist nicht mit der Rolle von UN-Generalsekretär António Guterres zu verwechseln.

Dennoch zeigt das große Interview der 44-Jährigen in der „Bild am Sonntag“ (“Warum wollten Sie ausgerechnet diesen Job“, schlagzeilt die Zeitung) womöglich ein Zeichen dafür, dass sich die Grünen-Politikerin auch von New York aus weiter in den politischen und öffentlichen Diskurs einmischen will.

Im weiteren Verlauf des Gesprächs äußert sich Baerbock etwa zur Kritik an dem von ihr vorangetriebenen Aufnahmeprogramm für Afghanen (Baerbock verteidigt die getroffenen Zusagen und begründet dies mit einer „internationalen Schutzverantwortung“ und dem Leid der Frauen vor Ort) und sie spricht auch über den Palästinenserkonflikt (Baerbock verweist auf die Zwei-Staaten-Lösung als „Weg zum dauerhaften Frieden“).

Ob sich Baerbock schon bei Helga Schmid entschuldigt habe

Darauf angesprochen, warum sie nach dem Ende ihrer Tätigkeit als Außenministerin unbedingt diese neue Aufgabe bei den Vereinten Nationen haben wollte, antwortet die 44-Jährige: „Ich habe eine Leidenschaft für Außenpolitik, nicht nur als Außenministerin, sondern vorher auch schon. Und in der heutigen Zeit, das habe ich in den letzten drei Jahren hautnah miterlebt, ist dieses internationale System massiv unter Druck“. Auch die Vereinten Nationen stünden unter Beobachtung und kämpften zudem mit finanziellen Problemen. Die Institution zu reformieren und sie „für die Zukunft fit zu machen“ sei eine schöne Aufgabe, der sie sich gerne stellen wolle.

Die Reporterin sprach Baerbock dann auch darauf an, dass Baerbocks Interesse an dem Posten der – dafür eigentlich designierten – deutschen Top-Diplomatin Helga Schmid letztlich den Job kostete. Ob ihr Baerbock, die Kritk bewusst gewesen sei und ob sie sich schon bei Schmid entschuldigt habe, lautete die Frage. „Wie so oft ist die Story, die in der Öffentlichkeit ist, immer ein bisschen anders, als sie eigentlich gewesen ist“, kontert Baerbock daraufhin.

Die auch für Politinsider überraschende Personal-Rochade erklärt sie dann so: „Vor einem Jahr, als Deutschland sagen musste, wer unsere Kandidatin ist, war ausgeschlossen, dass ein Regierungsmitglied dafür infrage kommt. Durch die Neuwahl hatte sich dann alles geändert“. Deswegen habe sich dann, so Baerbock weiter, auch die Besetzung dieser Position zwischen der alten und der neuen Bundesregierung geändert. „Mein Vorgänger war Premierminister seines Landes, davor waren es viele Staats- und Regierungschefs oder Außenminister, und diese Tradition haben wir fortgesetzt. Und natürlich habe ich darüber auch intensiv im Austausch mit Helga Schmid gestanden“, entgegnet sie.

Nach ihren eigenen, womöglich weitergehenden Karriereambitionen befragt, äußert sich die 44-Jährige zurückhaltend. Auf die Frage hin, ob sie womöglich António Guterres „beerben wolle“, wenn dieser als UN-Generalsekretär aufhören werde, antwortet sei: „Das ist ausgeschlossen, weil auch dafür gibt es hier Regeln, auch wenn die nicht ganz in Stein gemeißelt sind. Aber eigentlich war schon beim letzten Mal ein neuer Generalsekretär oder auch eine Frau aus Osteuropa dran.“

Ansonsten sei ihr weitere beruflicher Weg noch vollkommen offen, so die studierte Politikwissenschaftlerin und Mutter zweier Kinder. Ihr Fazit: „Jetzt konzentriere ich mich erst mal voll auf diese 12 Monate, die sind kurz genug.“

krott

Source: welt.de

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