Wie nach sich ziehen sich die Grenzen in Palästina und Israel verschoben? Ein Übersicht

Palästina-Karten erregen derzeit die Gemüter. Wer Palästina in den Grenzen der Zeit des ehemaligen britischen Mandatsgebiets zeige, stelle das Existenzrecht des Staates Israels infrage, so der Vorwurf.

Kaum bekannt ist, dass Israel 1947/48 eigentlich nur auf einem Teil Palästinas entstehen sollte. Bis heute jedoch umfasst der Staat Israel – abgesehen von den besetzten Gebieten – ein Territorium, das deutlich größer ist als das einst vorgesehene. Wie die ganze Region auch, ist die Grenzziehung von Kriegen und Konflikten geprägt. Ein historischer Diskurs.

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Ab 1917: Britisches Mandatsgebiet Palästina

Im Ersten Weltkrieg eroberten britische Truppen 1917/18 das Gebiet Palästina, das zuvor seit dem 16. Jahrhundert Teil des Osmanischen Reiches gewesen war. Der britische Außenminister Arthur Balfour sicherte der zionistischen Bewegung in der sogenannten Balfour-Erklärung die Unterstützung für „eine nationale Heimstätte des jüdischen Volkes in Palästina“ zu, sagte aber zugleich, dass „nichts getan werden soll, was die bürgerlichen und religiösen Rechte bestehender nichtjüdischer Gemeinschaften in Palästina beeinträchtigen könnte“.

1920 erhielt Großbritannien auf der Konferenz von San Remo das Mandat für Palästina, 1922 bestätigt vom Völkerbund. 1923 gliederte Großbritannien Transjordanien als eigenes autonomes Emirat aus, das jedoch Teil des Mandatsgebiets blieb. Unter der Mandatsherrschaft kam es immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der jüdischen und der arabischen Bevölkerung: Die Judenverfolgung in Europa führte zu verstärkter Einwanderung, sodass der jüdische Bevölkerungsanteil von etwa fünf Prozent auf 30 Prozent um 1945 anstieg. Die Briten kündigten 1947 an, das Mandat für Palästina an die Vereinten Nationen zurückzugeben.

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UN-Teilungsplan für Palästina 1947

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wird das britische Mandatsgebiet Palästina erst recht zum Schauplatz bewaffneter Konflikte zwischen der arabischen und der jüdischen Bevölkerung. Deren Zahl ist 1948, nicht zuletzt durch die Flucht aus Europa aufgrund der Judenverfolgung durch das NS-Regime, auf 427.000 gestiegen. Die in Palästina lebende arabische Community zählte 1947 etwa 750.000 Menschen.

Jüdische Milizen der Untergrundorganisationen Irgun und Lechi bedrohen in jener Zeit arabische Siedlungen wie das Dorf Deir Yassin bei Jerusalem, in dem es am 9. April 1948 zu einem Massaker mit mehr als hundert Toten, vor allem Frauen und Kindern, kommt.

Im Jahr zuvor hat die UN-Generalversammlung mit knapper Mehrheit beschlossen, Palästina in zwei Staaten zu teilen – einen jüdischen und einen arabischen. Die beiden Entitäten zugedachten Gebiete folgen in etwa den Siedlungsstrukturen der arabischen und jüdischen Gemeinschaften, sodass keine in sich geschlossenen Staatsgebiete vorgesehen sind.

Die meisten arabischen Staaten lehnen den UN-Plan ab, ausgenommen König Abdallah I. von Transjordanien, zu dem seinerzeit die Westbank (Cisjordanien) gehört. Die jüdischen Führer hingegen stimmen den beabsichtigten Staatsgründungen zu. Als am 14. Mai 1948 die letzten britischen Truppen Palästina verlassen, proklamiert David Ben-Gurion im Stadtmuseum von Tel Aviv den Staat Israel.

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Erster israelisch-arabischer Krieg 1948/„Nakba“

Eine Folge der israelischen Staatsgründung ist der erste israelisch-arabische Krieg, bei dem Israel die militärische Oberhand gewinnt. Der größte Teil der arabischen Bevölkerung wird aus dem Staat Israel vertrieben – ein Exodus von gut 700.000 Menschen, der bis heute im kollektiven Gedächtnis der Palästinenser als „Nakba“ (Katastrophe) erinnert wird.

Als im Januar 1949 eine von der UNO vermittelte Waffenruhe in Kraft tritt, hat Israel sein Territorium von dem im Teilungsplan geplanten 14.900 auf 20.700 Quadratkilometer vergrößert.

Es kontrolliert Westjerusalem und einen dort beginnenden Landkorridor zur Küste des Mittelmeers. Die Westbank wird von Jordanien annektiert, Ostjerusalem von Amman aus verwaltet. Der Gazastreifen steht nach Kämpfen zwischen den Armeen Israels und Ägyptens Mitte der 1950er Jahre schließlich unter ägyptischer Hoheit.

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Sechstagekrieg 1967

Die Spannungen zwischen Israel einerseits sowie Ägypten und Syrien andererseits nehmen seit Anfang 1967 unablässig zu. In dieser Lage trat der jordanische König Hussein Ende Mai 1967 dem syrisch-ägyptischen Militärpakt bei, kurz darauf auch der Irak. Mutmaßlich wird das zum letzten Anstoß für Israels Angriff auf die arabischen Nachbarn.

Als deren Luftwaffe fast komplett am Boden zerstört wird, erlangt Israel binnen kürzester Zeit die uneingeschränkte Luftüberlegenheit, die seinen Bodentruppen den Vormarsch erleichtert. Erobert werden die gesamte Sinai-Halbinsel, der Gazastreifen, das Westjordanland und die syrischen Golanhöhen. Dazu kommt die Einnahme der Altstadt von Jerusalem.

Als die militärische Konfrontation am 11. Juni 1967 endet, hält Israel Territorien besetzt, die in etwa das Dreifache seines ursprünglichen Staatsgebietes ausmachen. Die vom UN-Sicherheitsrat einstimmig beschlossene Resolution 242 fordert zum Rückzug auf, bleibt jedoch wirkungslos.

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Oktoberkrieg 1973/Jom-Kippur-Krieg

Der Versuch Ägyptens und Syriens, 1973 mit dem Oktoberkrieg (auch Jom-Kippur-Krieg) verlorenes Terrain zurückzuerobern, hat nur teilweise Erfolg. Zwar gelingt es der syrischen Armee auf den Golanhöhen, den Berg Hermon einzunehmen, doch ist sie dem israelischen Gegenschlag nicht gewachsen. Ebenso geraten die ägyptischen Streitkräfte schwer in Bedrängnis, als israelische Verbände bis zum Suezkanal vorstoßen.

Ergebnis dieses Waffengangs ist u. a. 1978 ein von den USA vermittelter ägyptisch-israelischer Friedensvertrag (Camp-David-Abkommen). Es führt dazu, dass sich die israelische Armee bis April 1982 auf ein kleines, in der Nähe von Eilat im Süden des Landes gelegenes Gebiet komplett von der Sinai-Halbinsel zurückzieht. Der Golan bleibt hingegen vollständig in israelischer Hand. Nach dem Krieg 1973 erklärt der israelische Generalstab, dass ein Überleben des eigenen Staates von „strategischer Tiefe“ abhängig sei, sprich: man auf besetzte Gebiete wie den Golan und die Westbank nicht verzichten dürfe.

Dieser Doktrin folgt ab Juni 1982 der Einmarsch in den Libanon, der bewirkt, dass die Palästinensische Befreiungsorganisation PLO ihr Hauptquartier in Beirut verlassen und sich nach Tunesien zurückziehen muss.

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Rückzug der israelischen Armee aus Gaza 2005

Im Februar 2004 legt der israelische Premier Ariel Sharon einen „Abkopplungsplan“ für den Gazastreifen vor. Er sieht den kompletten Abzug der israelischen Armee und Siedler aus dem Küstenstreifen vor. Dem liegt die Absicht zugrunde, einen effizienteren Einsatz von Ressourcen und eine Bündelung der Kräfte für das besetzte Westjordanland zu erreichen.

Sharon stößt anfangs auf heftigen Widerstand, nicht nur der Gaza-Siedler, ebenso vieler Israelis – doch er setzt sich durch. Ab Anfang August 2005 werden die Kibbuzim im Gazastreifen geräumt, Siedler teils gewaltsam evakuiert. Danach ist die Region formal autonom, aber wird vollends blockiert. Als die Hamas 2006 die Wahl zum Palästinensischen Legislativrat gewinnt und ab 2007 Gaza allein regiert, ist über die israelischen Grenzübergänge nur noch die Einfuhr von Grundnahrungsmitteln und Medikamenten erlaubt. Ein freier Personenverkehr wird unterbunden.

Die Folge dieser Blockade und Isolation sind insgesamt vier Gaza-Kriege, die zwischen der Hamas und deren Verbündeten sowie Israel von Dezember 2008 bis April 2021 geführt werden.

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