Sie sind männlich und Ende 50 – deutsche, aber auch amerikanische Chefs der großen Börsenunternehmen ähneln sich in ihrer Vita stark. Aber auch in ihrem Aussehen, wie ein innovativer Bildvergleich zeigt. Und doch gibt es prägnante Unterschiede.
Stehen deutsche Konzernchefs zusammen, bei Branchentreffs oder den diversen Gipfeln in Berlin, so ist das Bild recht eintönig: dunkelblauer Anzug reiht sich an dunkelgrauen Anzug, helle Krawatte an dunkle Krawatte, Seitenscheitel rechts an Seitenscheitel links. In den Chefetagen der Dax-Konzerne ist von Diversität wenig zu sehen.
Ein Student der Berliner Hochschule für Technik hat diese Uniformität nun visuell auf die Spitze getrieben: Er entwickelte auf Basis der Porträts aller 40 Dax-Chefs mithilfe einer speziellen Software ein Durchschnittsgesicht des deutschen CEO. Und das Ergebnis ist erstaunlich.
Mhimed Zekri studiert im Bachelorstudiengang Digitale Wirtschaft und arbeitet nach eigener Aussage leidenschaftlich gern mit Daten und Visualisierungen. Angeregt durch einen Artikel in WELT, in dem es um die durchschnittlichen Gehälter der Dax-Konzernchefs ging, hat er versucht, ein Durchschnittsbild dieser Personen zu erstellen – und das Ergebnis ist verblüffend. Denn man glaubt, manche Vorstandsvorsitzende darin wiederzuerkennen.
Das gemorphte Porträt ist dabei etwas unscharf, was aber an der Methodik liegt. „Das Bild basiert vollständig auf einer mathematischen Mittelung realer Daten“, sagt Zekri. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz könnte man es schärfer machen. „Doch das würde automatisch neue Strukturen erzeugen und den tatsächlichen Durchschnitt verfälschen“, sagt er.
Nüchtern, aber auch weich
Klar zu erkennen ist aber auch so, dass der Durchschnitts-CEO weiß ist, Mitte bis Ende 50, Brillenträger, mit graublauen Augen sowie leicht schütteren, kurzen, hellbraunen bis grauen Haaren und einem Seitenscheitel. Das Bild wirkt nüchtern, aber auch relativ weich.
Zekri hat das gleiche auch für die 30 Chefs der Konzerne aus dem amerikanischen Dow-Jones-Index durchgeführt. Auf den ersten Blick wirkt das Ergebnis ähnlich, doch bei genauerem Vergleich ergeben sich doch einige Unterschiede. Denn die Person scheint etwas älter zu sein, das Gesicht wirkt etwas offener, aber auch kantiger und männlicher.
Das dürfte daran liegen, dass es im Dax immerhin vier Unternehmen gibt, die von einer Frau geleitet werden: Commerzbank, Daimler Truck, Merck und Fresenius Medical Care. Im Dow Jones gibt es dagegen ausschließlich männliche CEOs. Dadurch wird das Dax-Durchschnittsbild etwas weicher.
US-Firmenchefs sind im Schnitt älter
Der Unterschied beim Alter wiederum entspricht auch dem, was die internationale Personalberatung Heidrick & Struggles in ihrer Studie „Route to the Top“ festgestellt hat. Darin vergleicht sie regelmäßig die Lebensläufer internationaler Spitzenmanager. Der amerikanische Konzernchef ist demnach im Schnitt 61, der deutsche dagegen vier Jahre jünger.
Auf der Internetplattform Reddit, wo Zekri sein Bild des durchschnittlichen Dax-Chefs inzwischen gepostet hat, wurde der Beitrag bereits über 200.000 Mal abgerufen und wird eifrig diskutiert. „Er sieht ja aus wie ich“, äußert ein Nutzer dort. „Er sieht wie ein typischer Deutscher aus“, ein anderer. Oder: „Wie Günther Jauch“.
Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzzentrum von WELT und Business Insider erstellt.
Frank Stocker ist Wirtschafts- und Finanzkorrespondent in Frankfurt. Er berichtet über Geldanlage, Finanzmärkte, Konjunktur und Zinspolitik. Zudem hat er Bücher zur Inflation von 1923 und zur Geschichte der D-Mark veröffentlicht.
Source: welt.de