Wie die Playstation zu Sonys Goldesel wurde

Große Vorschusslorbeeren hat die erste Sony Playstation zum Start vor 30 Jahren nicht gerade erhalten. Kritiker des japanischen Unterhaltungselektronikunternehmens führten etliche Argumente ins Feld, warum die Spielekonsole im Wettbewerb mit den Quasi-Monopolisten Sega und Nintendo nicht bestehen könne. Technisch war die erste Sony-Konsole den Geräten der mächtigen Konkurrenten zwar überlegen. Doch bei Nintendo und Sega konnten die Spieler jeweils unter Hunderten von Games wählen, Sony dagegen hatte nur eine gute Handvoll an Titeln im Programm.

Sony fehlte zum Marktstart am 3. Dezember 1994 in Japan außerdem noch eine leistungsstarke Vertriebsbasis. Damals war das Unternehmen vor allem mit Fernsehern und Stereoanlagen in traditionellen Elektronik- und Hi-Fi-Geschäften präsent. Die Erfolgsmodelle der Konkurrenz – vor allem der Gameboy und das Super Nintendo Entertainment System (SNES) von Nintendo sowie die Mega Drive von Sega – wurden jedoch im Spielwarenhandel verkauft und dort war Sony bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht vertreten.

Nintendo schafft sich selbst Konkurrenz

Die Tatsache, dass Sony den Marktstart der Playstation 1994 nicht optimal vorbereiten konnte, hat mit der ungewöhnlichen Entstehungsgeschichte zu tun. Als großer Produzent von Unterhaltungselektronik, der vor allem mit Videorekordern und dem Walkman Erfolge feierte, hielt sich die Sony Corporation von Spielkonsolen fern. Erst in den späten 1980er-Jahren vereinbarte Sony ein Joint Venture mit Nintendo, um ein CD-ROM-Laufwerk für deren SNES-Konsole zu entwickeln.

Ein Konflikt um die Softwarelizenzen trübte aber schnell die Zusammenarbeit. 1991 brüskierte Nintendo seinen Partner Sony und tat sich bei dem CD-Laufwerk mit Philips zusammen. Sony ließ diese Schmach nicht lange unbeantwortet. Konzernchef Norio Ohga ordnete an, das gescheiterte Kooperationsprojekt als eigenständiges System fortzusetzen. Er ließ dabei seinem Mitarbeiter Ken Kutaragi, der zuvor bereits auf eigene Faust eine Konsole entwickelt hatte, freie Hand. Der Sony-Ingenieur wurde somit zum „Vater der Playstation“.

Sony schwingt sich zur Spitze auf

Am 3. Dezember 1994 kam die erste Playstation mit acht Spielen in Japan in den Handel. Sie kostete 39.800 Yen, umgerechnet etwa 450 Deutsche Mark (230 Euro). Schon am ersten Tag gingen rund 100.000 Sony-Konsolen über den Ladentisch, nach einem halben Jahr waren zwei Millionen Geräte verkauft. Am 9. September 1995 begann der Verkauf in den USA, am 29. September folgte Europa. In Deutschland kostete die Konsole knapp 600 DM (306 Euro). Zwei Jahre später war Sony der Marktführer.

Die Gründe für den Erfolg: Das eingebaute CD-ROM-Laufwerk bot üppigen Speicherplatz, sodass die Games immer komplexer werden konnten. Nach heutigen Standards waren die Bilder zwar verschwommen und klötzchenhaft, für damalige Verhältnisse setzte die Grafik jedoch neue Maßstäbe. Außerdem erwiesen sich bestimmte Software-Titel als äußerst populär. Zu den erfolgreichsten Titeln der ersten Playstation gehören unter anderem die heutigen Klassiker „Ridge Racer“ aus dem Jahr 1994, „Tomb Raider“ und „Crash Bandicoot“ von 1996 sowie „Gran Turismo“ von 1997.

Seit dem Marktstart vor 30 Jahren konnte Sony über 102 Millionen Geräte der ersten Playstation-Generation absetzen. Sony gelang es dabei auch, Preissenkungen geschickt einzusetzen, um Konkurrenten zur rechten Zeit zu unterbieten. 2001 zog sich Sega von den Konsolen zurück. Nintendo blieb und konkurriert momentan mit seiner Konsole Switch gegen Sonys Playstation 5.

Multimedia-Gerät unter dem Fernseher

Die Playstation 2, die im Jahr 2000 eingeführt wurde, toppte den Erfolg der ersten Generation in einer historischen Dimension: Mit knapp 159 Millionen Einheiten ist sie bis heute die meistverkaufte Konsole aller Zeiten – vor der Nintendo DS (154 Millionen), der Nintendo Switch (143 Millionen) und der Playstation 4 mit 117 Millionen verkauften Exemplaren. Die Playstation 2 führte das DVD-Laufwerk ein, was sie auch als Heimkino-Gerät attraktiv machte. Zum Erfolg steuerten auch Games wie „Grand Theft Auto: San Andreas“ (2001) und „Sing Star“ von 2004 sowie „God of War“ von 2005 bei.

2000 veröffentlicht: Die Playstation 2AFP

Im Jahr 2004 wagte sich Sony dann mit der Playstation Portable auf den mobilen Gaming-Markt mit inzwischen knapp 83 Millionen verkauften Geräten. Wichtigste Neuerung der Playstation 3 (2006) war die Einführung des DVD-Nachfolgers von Blu-Ray und den Start der Online-Gaming-Plattform, das Playstation Network. Mit der Playstation 4 (2013) und Playstation 5 (2020) setzte Sony dann auf weiter verbesserte Grafiken, schnellere Ladezeiten und bestimmte Exklusivtitel.

Während der Corona-Pandemie wurde das aktuellste Modell zu einem Symbol für die globalen Lieferkettenprobleme. Sony konnte über viele Monate hinweg nicht die gewünschten Stückzahlen der PS5 produzieren. Die Engpässe führten dann dazu, dass PS5-Konsolen oft zu überhöhten Preisen von Wiederverkäufern angeboten wurden, was den Frust bei den Gamern weiter verstärkte. Erst im vergangenen Jahr konnte Sony die Lieferkettenprobleme vollständig lösen.

Sony schafft es weiterhin, Schlagzeilen zu dominieren

Das Geschäft mit der Playstation und ihrem Ökosystem aus Spieleentwicklern, dem Spiele-Aboservice Playstation Plus und der VR-Brille Playstation VR ist für Sony mittlerweile zur tragenden Säule des gesamten Unternehmens geworden. Etwa ein Drittel des Umsatzes und Gewinns erwirtschaftet Sony mit der Sparte „Spiele und Netzwerkdienste“.

Zwar lahmt das Geschäft im Moment etwas – die Playstation 5 ist nun auch schon vier Jahre alt und wird wohl bald mit einem Nachfolger der Nintendo Switch konkurrieren müssen. In diesem Jahr bestimmten aber viele Spieletitel die Schlagzeilen und Verkaufscharts, an denen Sony beteiligt war: „Helldivers 2“, „Astrobot“, „Stellar Blade“ und – negativ besetzt – „Concord“ waren Titel, die eng mit der Marke Playstation verwoben sind.

Sonys aktuelles Modell: Die Playstaiton 5AFP

Sony muss sich aber nicht nur den logistischen Herausforderungen stellen, denn die Games-Branche steht mitten in einem Umbruch. Die Zukunft gehöre nicht einem einzigen Gerät, sagt Felix Falk, Geschäftsführer bei Game, dem Verband der deutschen Games-Branche. „Denn so vielfältig wie die Games-Welt und die Interessen ihrer Community sind, so vielfältig werden auch zukünftig die Möglichkeiten sein, zu spielen.“

Falk verweist dabei auf die großen Erfolge im Bereich Mobile Gaming. So habe sich das Smartphone zur meistgenutzten Spieleplattform entwickelt. „Mobile Games sind immer und überall verfügbar und bieten eine große Vielfalt – auch technisch anspruchsvolle Titel werden mittlerweile auf dem Handy mit- und gegeneinander gespielt.“

Spiele-Ökosysteme brechen auf

Gleichzeitig würden die Grenzen zwischen den einzelnen Plattformen immer mehr verschwimmen. Das zeigten Entwicklungen wie das plattformübergreifende Spielen, also auf dem Handy, Tablet, PC oder der Konsole. Aber auch das Angebot an Cloud-Gaming wachse ständig, mit dem man PC- und Konsolen-Games auf verschiedenen Plattformen spielen kann.

Sonys Konkurrent Microsoft etwa startete jüngst eine Werbekampagne mit dem Spruch „This is an Xbox“ („Das ist eine Xbox“), die die Fähigkeit verschiedenster Endgeräte bewerben soll, Xbox-Spiele per Cloud abspielen zu können. Smart-TVs, Smartphones oder auch die Fire-Sticks von Amazon sind mittlerweile alles „Xbox“-Konsolen. Xbox-Chef Phil Spencer sagte im vergangenen Jahr im Interview mit der F.A.Z., dass die Konsolensparte zwar nicht profitabel sei, Microsoft aber so lange Spielgeräte herstellen will, wie eine Nachfrage danach besteht.

Sony besitzt zwar ebenso einen Spiele-Streaming-Dienst mit Playstation Plus, setzt aber nach wie vor stark auf die Bindung seiner Kunden an die Marke und Geräte von Playstation. Allerdings wird Sony weniger eisern mit der Strategie: Zunehmend erscheinen Playstation-Titel auch auf dem PC, der global wieder an Bedeutung gewinnt, was Videospiele anbelangt – auch wenn im Heimatmarkt Japan nach wie vor abseits von Smartphones Konsolen dominieren.

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