Einen Tag nach dem Putsch gegen Staatschef Umaro Sissoco Embaló hat das Militär in Guinea-Bissau einen Junta-Chef ernannt. General Horta N’Ta werde die Militärregierung für eine einjährige Übergangsperiode leiten, teilte das Militär im Staatsfernsehen mit. N’Ta legte im Hauptquartier der Armee in der Hauptstadt Bissau seinen Amtseid ab.
Bis zu dem Putsch war der Junta-Führer Generalstabschef. Er galt als enger Verbündeter des nach
Militärangaben abgesetzten Staatschefs Umaro Sissoco Embaló. Am Mittwoch, drei Tage nach der Präsidentenwahl, hatten Soldaten im Fernsehen verkündet, dass die Militärführung die volle
Staatsgewalt in Guinea-Bissau übernommen und Embaló abgesetzt habe.
Militär spricht von Wahlmanipulation
In der Umgebung des Präsidentenpalastes in Bissau fielen an diesem Tag Schüsse. Hunderte Menschen flüchteten aus dem Stadtviertel, die wichtigste Zufahrtsstraße zum
Präsidentenpalast wurde abgeriegelt. Der Aufenthaltsort von Präsident Embaló war zunächst unklar. Er hatte dem französischen Magazin Jeune
Afrique zuvor gesagt, er sowie der Innenminister und die Stabschefs des Militärs seien im Präsidentenpalast festgenommen worden.
Die Bekanntgabe der offiziellen Wahlergebnisse war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt, sie wurde für den Donnerstag erwartet. Das Militär kündigte allerdings an, den Wahlprozess und die Aktivitäten der Medien sofort zu stoppen sowie alle Grenzen zu schließen.
Sowohl Amtsinhaber Embaló als auch der unabhängige Kandidat Fernando
Dias hatten sich vor Bekanntgabe der vorläufigen Ergebnisse zum Wahlsieger erklärt. Die größte Oppositionspartei war von den Wahlen
ausgeschlossen worden und hatte Dias unterstützt.
Das Militär begründete den Putsch mit einem Plan zur Wahlmanipulation und Destabilisierung des Landes, den es angeblich aufgedeckt habe. Darin seien Politiker sowie Drogenbosse verwickelt. Die Afrikanische Union verurteilte die Machtübernahme.
Opposition hält Putsch für inszeniert
Indessen warf die Opposition der Armee vor, den Putsch inszeniert zu haben, um
einer Niederlage bei der umkämpften Präsidentschaftswahl zu entgehen. Der Militärputsch und die angebliche Festnahme Embalós seien erfunden worden, um die eigentlich für Donnerstag erwarteten Wahlergebnisse zu
sabotieren, sagte sein politischer Gegner Dias da Costa. Die Vorwürfe lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.
2023 löste Embaló das von der Opposition dominierte Parlament auf, seither regierte er per Dekret. Der abgesetzte Staatschef sprach in der Vergangenheit mehrfach von Putschversuchen gegen ihn. Seine Amtszeit ist seit Monaten abgelaufen. Kritiker werfen ihm vor,
Oppositionelle, Journalisten und Menschenrechtler zu unterdrücken.
Seit der Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Portugal im Jahr 1974 gilt Guinea-Bissau als politisch instabil: Immer wieder kam es zu Staatsstreichen oder Putschversuchen. Das Land gehört zu den ärmsten der Welt, fast 40 Prozent der Bevölkerung leben in extremer Armut.