Wenn Lindners Argumente nicht ziehen, sollte die Freie Demokratische Partei schleunigst umziehen

Der Bundesfinanzminister hat die Ampelpartner mit dem wirtschaftlichen Abstieg Deutschlands konfrontiert, der endlich bessere Antworten der Politik verlangt. Mut zu solcher Klarheit, hinreichend und glaubwürdig mit Fakten unterlegt, hatten sich viele Liberale von Christian Lindner schon früher erhofft.

Aber auch spät in der Wahlperiode ist seine Neupositionierung der FDP nötig und willkommen. Fallen ihre Forderungen und Argumente in der Ampel nicht mehr auf fruchtbaren Boden, muss die FDP die „Fortschrittskoalition“ nun aber auch schleunigst verlassen. Sie hat dann in der Ampel nichts mehr zu gewinnen für das Land, und nur darum geht es.

Um auszuloten, ob sich SPD und Grüne auf den Kern von Lindners Wirtschaftswendepapier – den klaren Schwenk zur Angebotspolitik – einlassen, bieten die Dreierrunden mit Kanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck eine kleine letzte Chance. Es reicht aber nicht, den gemeinsamen Nenner wieder nur im Kleingedruckten zu suchen. Damit hatte sich die Ampelspitze nach heftigem Haushaltsstreit im Frühsommer nur kurz Luft verschafft.

Teile der verabredeten Wachstumsinitiative hängen nach wie vor politisch fest, obwohl die Wirtschaft dringend darauf wartet. Auch bleibt die Initiative hinter dem notwendigen Kurswechsel in der Sozial-, Steuer- und Wirtschaftspolitik zurück – wie weit, das markiert Lindners finanziell abgesichertes Papier.

Der FDP-Chef mutet den Partnern viel zu, baut ihnen aber auch Brücken. So fehlt die Forderung nach Stopp des 500 Milliarden Euro teuren Rentenpakets, das die Demographiekosten fahrlässig erhöht. Stattdessen verlangt die FDP scharfe Korrekturen an der Frührente. Den deutschen Klimaschutz an das Tempo der EU anzupassen ist eine weitere Brücke. Blieben auch hier fünf Jahre mehr Zeit für den CO2-Umbau, sänke das wirtschaftliche Risiko. Und mit Abschaffung des restlichen Solizuschlags, den fast nur noch Unternehmen zahlen, könnte die Ampel Verfassungsrichtern zuvorkommen, die bald über den Soli urteilen. Beschreiten SPD und Grüne diese Brücken nicht, lassen sie der FDP keine andere Wahl, als sie abzubrechen – und zu hoffen, mit der Union neue bauen zu können.

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